7. Winrich von Kniprode. — 8. Die Sage von Hans Sagan. 11
Anfangs 1370 meldeten die Grenzwächter, daß die Litauer zu einem
großen Kriegszuge rüsteten. Ter Hochmeister sandte seinen treuen Marschall
noch einmal als Kundschafter nach Litauen. Bald erkannte Hennig Schinde-
köpf, daß die Grenzhüter wahr gesprochen hatten. Eilig kehrte er um.
Das ganze Ordensheer wurde nun aufgeboten, auch die Städter, Bürger
und Bauern rückten heran; denn es galt, die Heimat vor den Mordbrennern
zu schützen.
Die wilden Scharen der Litauer waren Hennig Schindekopf fast auf
den Fersen gefolgt. Ihre beiden Fürsten Kinstutte und Dl gerb selbst führten
sie an, auch deren Söhne begleiteten sie. Durch das Memeltal und über
das Eis des Kurischen Haffes ergoß sich der Schwärm — denn es war
mitten im Winter — gerade ins Samland hinein, auf Königsberg los.
Aber schon stand der Hochmeister mit seinen Getreuen zum Schutze des Landes
bereit. Drei Meilen nördlich von Königsberg liegt das Dörfchen Rudau;
dort trafen die beiden Heere zusammen. Es war am 3. Februar 1370.
Ein wildes Ringen begann. Die Litauer fochten tapfer, aber sie mußten
erliegen. Taufende sollen gefallen sein, die Könige selbst und ihre Söhne
entkamen nur durch schleunige Flucht. Kinstutte soll nicht eher angehalten
haben, bis er sein Land erreichte. Der Orden hatte nur wenige Gefallene,
unter ihnen aber Hennig Schindekopf, den ein Wurfgeschoß in das Gesicht
getroffen hatte. Schwer wog sein Verlust, doch das Land war gerettet.
8. Die Sage von Kans Sagau.
Eine Säule, die der Orden den Toten errichtete, bezeichnet noch heute
die Stätte der Schlacht von Rudau. Lange noch sang und sagte man von
diesem Kampfe vor den Toren Königsbergs, dabei entstand die Sage von
Hans Sagan. Hans Sagan, ein Schustergeselle aus dem Kneiphof (einer
der drei Städte, die später zu Königsberg zusammenwuchsen), soll bei Rudau
den Sieg errungen haben. Schon wichen die Ritterheere, da ergriff er die
Fahne, die einem Ritter entfallen war. „Folgt mir, wackere Jungen!" fo
rief er feinen Genossen zu, und die Fahne hochhaltend, drang er in die
feindlichen Rethen, ihm nach Bürger und Ritter. Er führte sie zum Siege.
So kühn in der Schlacht, so selbstlos war Hans Sagan nach dem
Siege. Einen Lohn sollte er sich vom Hochmeister erbitten. Doch nichts
brauchte er sür sich. Nur ein fröhliches Fest alljährlich für seine Genossen,
die Schuhmacherzunft, erbat er sich vom Landesherrn. Gern wurde es be-
willigt. Jedes Jahr zur Fastnachtzeit erhielten die Schuhmacher vom Kneiphof
Freibier auf dem Schlosse zu Königsberg.
Bis vor kurzem stand noch eine verwitterte Jünglingsgestalt, eine Fahne
hoch in der Rechten schwingend, aus Holz geschnitzt, auf einem Brunnen der
Stadt Königsberg. Sie soll den kühnen Schustergesellen dargestellt haben.
Eine ruchlose Hand hat sie entfernt.
Nicht mit einemmal hörten die Litauerkämpfe auf; aber sie wurden
immer seltener. Die Bürger und Bauern von Preußen brauchten nicht