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ein Vermögen verschlangen. Italien hatte aber, da die produktive Tätigkeit immer
mehr zurückging und schließlich so gut wie ganz aufhörte, für die kostbarsten
Einfuhrartikel fast gar keinen Gegenwert in Roh- oder Industrieerzeugnissen
zu bieten und mußte sie in barem Golde oder Silber bezahlen, so daß das Edel-
see metall in erschreckender Weise nach dem Oriente abströmte, Die Handelsbilanz
bilanz. Stellte sich in immer bedenklicherer Art passiv. Das Geld wurde knapper und
znapper, mit der Zeit trat eine unerträgliche Teuerung und Not ein und die seit
‚angem ohnehin stark ausgesaugten Provinzen konnten, durch drückende Auflagen
ganz erschöpft, nicht helfen, keine Gelder mehr nach Rom liefern und Steuern
nur in Naturprodukten entrichten. Mit dem Abfluß des Edelmetalls nach dem
Osten verlegte sich dorthin mehr und mehr auch der wirtschaftliche Schwerpunkt.
Im Gegensatze zu dem wirtschaftlichen Niedergange, der steigenden Entvölkerung,
dem Sittenverfall im Westen konzentrierte sich auch die geistige Kultur jetzt
wieder mehr in den Gebieten des Hellenismus. So bereitete sich die Zeit vor,
da Rom und Italien auch die politische und militärische Vorherrschaft in dem
Weltreiche verlieren mußten, welche im 4. Jahrhunderte wieder dem Osten zufiel.
Rechtswissenschaft. Eine erfreuliche Ausnahme in diesem düsteren Bilde
zeigt die eifrige Pflege der Rechtswissenschaft, die von den Römern in
jener Zeit zu hoher Blüte gebracht wurde. Große Juristen traten für Milde
und Gerechtigkeit ein und verbesserten die Lage der bedrückten Provinz-
bewohner sowie jene der Frauen und Sklaven,
m ir Verhältnisse. Auch die staatlichen Verhältnisse gestalteten sich
“ach dem Tode Mark Aurels immer trostloser. In dem großen Reiche spielten
die Heere eine immer größere Rolle; sie fühlten sich, die einzigen festen Stützen
des Thrones, ganz und gar als Herren des Reiches und setzten nach ihrem Gut-
dünken die Kaiser ein und ab. Die Thronwechsel — innerhalb eines Jahrhunderts
etwa 40! — waren fast regelmäßig von blutigen Bürgerkriegen begleitet und
Beni Meutereien der Truppen gegen Feldherren und Kaiser waren an der Tagesordnung.
200 n. Chr.) Nur wenige unter den vielen Soldatenkaisern regierten gut, so Septimius Severus
Caracalla. um 200 n. Chr. Sein Sohn Caracalla erbaute riesige Thermen (Abb. 88) und
ließ Tausende hinrichten, um sich ihres Vermögens zu bemächtigen. Sein wilder
Charakterkopf ist in zahlreichen Porträtbüsten erhalten (Abb. 89).
In der Folgezeit entstanden dem Reiche im Osten große Gefahren in dem
neupersischen Reiche und im Norden durch die Germanen, die sich damals
zu den starken Stammesverbänden der Alemannen, Sachsen, Franken und
Goten zusammenschlossen. Und um die Verwirrung noch zu vergrößern, haben
damals mehr als ein Dutzend verschiedene Statthalter und Feldherren sich gleich-
zeitig zu Kaisern aufgeworfen.
Aurslan Vorübergehend stellte Kaiser Aurelian (270—275) die Ordnung wieder her.
surefianische ET begann den Ausbau einer gewaltigen Mauer um Rom (Abb. 90), die im wesent-
Stadtmauer. lichen noch heute erhalten ist. A
Dos Christentum und der absolute Beamtenstaat
Diokletians und Konstantins.
I. Das Christentum und die Christenverfolgungen.
Weiter Kreise der Bevölkerung hatten sich vollkommene Gleichgültigkeit
und Hoffnungslosigkeit, ja mitunter auch Lebensüberdruß bemächtigt. Die frühere