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nischen Ländern, namentlich nach Italien verbreitet und sucht durch Mord-
anschläge gegen gekrönte Häupter oder sonst Hochstehende die Gegner einzu-
schüchtern*).
Von diesen Formen des Anarchismus und von der Propaganda der Tat hat Die heutige
sich die gegenwärtige Sozialdemokratie entschieden Ireigehalten, teilweise Mmokratie.
auch von den kommunistischen Ideen des Marxismus. Die heutige Sozialdemo-
kratie verlangt Umwandlung des Privateigentums an den Produktionsmitteln
(Grund, Boden und Kapital) in gemeinsames Eigentum der Gesellschaft, die Er-
setzung der individualistischen Produktionsweise durch die genossenschaftliche,
die Verteilung des Gesamtertrages an die Arbeiterschaft und die Regelung der
Produktion durch den Staat. Von einer zwangsweisen Vergesellschaftung der
Konsumtionsmittel. hingegen, die der Kommunismus fordert, sieht ein großer
Teil der heutigen Sozialdemokraten ab.
Abb. 24. Relief vom Denkmal der Arbeit von Konstantin Meunier.
(Nach einer Heliogravüre aus dem Verlage Keller & Reiner, Berlin.)
III. Die Sozialreform.
Das sozialpolitische System. Der moderne Staat, der sich immer mehr zu
einem Kulturstaat?) ausbildet und neben der Aufrichtung und Erhaltung
der Ordnung, neben dem Schutze des Eigentums und der Person auch die Pflicht
anerkennt, das Wohl des einzelnen und der Gesellschaft durch Wohlfahrtsein-
richtungen aller Art zu fördern, mußte auch zu der so überaus schwierigen Arbeiter-
1) Ermordung des Präsidenten der französischen Republik Sadi Carnot, der Kaiserin Eli-
sabeth, des Königs Humbert von Italien, des Präsidenten der Nordamerikanischen Union Mae
Kinley. — .?) Mit Rücksicht auf die kulturellen Aufgaben des Staates vgl. Bd, II, S, 149ff,
und S, 161.