Full text: Lehrbuch der Geschichte des Mittelalters für Lehrer- und Lehrerinnenbildungs-Anstalten

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Fig. 16. 
die als „Nibelungenlied“ 1) und „Gudrun? 
den großen Epopöen der Griechen (Ilias 
und Odyssee) würdig an die Seite gestellt 
werden. 
8) Bildende Künste.*) Der religiöse 
Sinn des Zeitalters offenbarte sich in den 
großartigen Werken der Baukunst. Cin 
eigener Stil entwickelte sich; statt des Run d- 
bogens wurde der Spitzbogen üblich (daher 
Spitzbogenstil, auch gothischer oder 
deutscher Stil genannt). Im Grundriss 
wurde die Kreuzesform des romanischet 
Stiles (s. oben pag: 67) beibehalten. Auch 
die Eintheilung in 3 Schiffe findet gich in 
den gothischen Bauwerken wieder, doch ver- 
mehrte man sie zuweilen auf fünf, oder 
fügte den Seitenschiffen noch einzelne Kapellen 
hinzu (S. Fig. 14). Eigenthümlich sind die 
Pfeiler, die als eine Zusammensetzung 
mehrerer Säulen erscheinen (daher Bündelpfeiler Fig. 15); die großen, 
reich gegliederten und verzierten Fenster mit ihren zierlichen Spitzbögen 
(Fig. 16), welche nach außen in einen Spitzgiebel auslaufen (Fig. 17); die 
mit zahlreichen Seulpturen geschmückten, meist in zwei Theile gegliederten 
Portale (Fig. 18) und die hohen und schlanken Thürme, die in ihrem 
Unterbau ein Viereck bilden, dann in achteckiger Gestalt sich zu einer acht- 
ecfigen Pyramide verjüngen (Fig. 19). Außerdem ist bei den gothischen 
Bauwerken der reiche Schmuck bemerkenswert. Die Fenster sind mit 
Glasgemälden ausgefüllt, die Capitäle der Säulen bunt gemalt, das 
Äußere und Innere der Kirche mit zahlreichen Seulpturen, die menschliche 
Figuren, sowie auch allerhand Gebilde der Pflanzen- und Thierwelt vor- 
stellen, verziert. Insbesondere sind die Spitzsäulen (Fialen) ein häufig 
angewandter Schmuck (Fig. 20). 
Die ältesten gothischen Kathedralen sind im nördlichen Frank 
reich (Chartres, Bourges, Rheims), die bedeutendsten in Deutschland 
Gothisches Feulter. 
') K. W. Osterwald „Erzählungen aus der alten dentschen Welt" 2. Th. ,Siegtried und 
Kriembilde" 4. Aufl. Halle 1874. H. Körtge dus „Nibelungenlied" nebst der „Klage für die 
Jugend erzählt. Braunschweig 1874. ~ Vgl. Jordans Hpos ,,die Nibelungen" uud Hebels 
„Vramen aus dem Kreise der Nibelungen", zuletzt auch Wagners Operneyklus ( Kheingold. wal- 
küre, Siegfried, Götterdimmernng). 
*) K. W. Osterwald im augeführten Werke 1. Th. „Gudruu" 4. Aufl. Halle 1873. 
„ *) Lübke -Caspar Denkmäler der Kunst, Seemann kunsthistorische Bilderbogen uud 
Münchner Bilderbogen Nr. 446: Überreste gothischer Baukunlt.
	        
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