Full text: Für Klasse 3 (achtes Schuljahr) und die Untertertia der Studienanstalten (Teil 7, [Schülerband])

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in sein Dorf, legte sich ihm in Haus und Bett, mißhandelte ihn und 
die Seinen, forderte Zehrung, Kontribution, außerdem Geschenke und 
zerschlug, verwüstete und plünderte doch noch, was ihm vor Augen kam. 
So ging es fort, seit 1626 mit jedem Jahre schlimmer, Banden folgten 
auf Banden, mehr als ein Heer setzte sich um ihn herum in Winter¬ 
quartieren fest, die Lieferungen und Quälereien schienen endlos. Mit 
Entsetzen sah der Bauer, daß die fremden Soldaten mit einer Spür¬ 
kraft, die er der Zauberei zuschrieb, aufzufinden wußten, was er tief 
in der Erde versteckt hatte. Wenn er ihnen aber zu schlau gewesen war, 
so wurde sein Los noch schlechter, dann wurde er selbst ergriffen und 
durch Qualen, die niederzuschreiben peinlich ist, gezwungen, das Versteck 
seiner Schätze anzugeben. Aber die Wirtschaft des Landmanns ward 
noch in andrer Weise verwüstet. Sein Knecht hatte vielleicht einige 
Jahre die Schläge der fremden Soldaten ertragen, zuletzt lief er selbst 
unter die, welche schlugen; die Gespanne wurden vom Pfluge gerissen, 
die Herden von der Weide geholt und dadurch die Bestellung der Felder 
oft unmöglich gemacht. 
Und doch, wie jammervoll und hilflos seine Lage war, in der 
ersten Hälfte des Krieges, bis zum Tode Gustav Adolfs, war das 
Schrecklichste noch verhältnismäßig erträglich. Denn noch war selbst in 
Plünderung und Zerstörung ein gewisses System, einige Mannszucht 
hielt wenigstens die regelmäßigen Heerhaufen zusammen, und ein und 
das andere Jahr verlief ohne große Truppenzüge. 
Die Wirkungen, die ein solches Leben voll Unsicherheit und Qual 
auf die Seelen der Landleute ausübte, waren sehr traurig. Die Furcht, 
eine bebende, klägliche Furcht umzog entnervend die Herzen. Immer 
war ihr Gemüt voll von Aberglauben gewesen, jetzt wurde mit rührender 
Leichtgläubigkeit alles aufgesucht, was als Eingreifen überirdischer Ge¬ 
walten gedeutet werden konnte. Man sah am Himmel die schrecklichsten 
Gesichter, man fand die Anzeichen furchtbaren Unheils in zahlreichen 
Mißgeburten, Gespenster erschienen, unheimliche Laute klangen vom 
Himmel und auf der Erde. In Ummerstadt zum Beispiel, im Herzogtum 
Hildburghausen, leuchteten weiße Kreuze am Himmel, als die Feinde 
einrückten. Als sie in die Kammerkanzlei eindrangen, trat ihnen ein 
weißgekleideter Geist entgegen und winkte ihnen zurück, und niemand 
konnte sich von der Stelle rühren. Nach ihrem Abzüge hörte man acht 
Tage lang im Chor der ausgebrannten Kirche ein starkes Schnauben 
und Seufzen.
	        
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