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Süden bis an den Rand unserer Mittelgebirge erstreckten. Wir können
natürlich nicht sicher wissen, wie dick dieser Eismantel war, aber man
schätzt ihn auf durchschnittlich etwa 1000 m. Wenn wir uns überlegen,
daß neben einer solchen Eiswand unsere heutigen Kirchen so klein erscheinen
würden, wie etwa ein Mensch neben einem modernen vierstöckigen Hause,
und daß so ungeheure Massen viele Jahrtausende lang stetig von Norden
herabdrangen, um im Süden abzuschmelzen, dann werden wir uns einen
schwachen Begriff davon machen können, wie es möglich war, daß die
Grundmoräne dieser Eisströme heute 100—200 m hoch die Mark
bedeckt.
Der ungeheure Druck des Eises zerquetschte die Gesteine, über die
es hinging, und führte deren Trümmer mit sich, und mit den Trümmern
grub es tiefe, noch heute sichtbare Furchen in den felsigen Untergrund
seines Bettes, wo dieser hart genug war, um der gänzlichen Zermalmung
zu widerstehen. So finden wir die Oberfläche des Rüdersdorfer Kalk¬
selsens, da, wo man die darüberliegenden Sandschichten abgetragen hat,
von solchen Schrammen aus der Eiszeit bedeckt. Es ist klar, daß die so
entstandenen Grundmoränen neben dem feingemahlenen Schutt eine große
Menge der verschiedensten Gesteinsblöcke, sogenannte Geschiebe, enthält.
Granite mit körnigem Kristallgefüge, knollige Feuersteine und Sandstein¬
gerölle wechseln mit Kalksteinen, die reich an Versteinerungen sind.
Wir würden ein falsches Bild von der Eiszeit gewinnen, wenn wir
uns vorstellen wollten, daß die nordischen Eismassen ununterbrochen
während dieser ganzen Zeit über der Mark gelegen hätten, um zum Schlüsse
langsam abzutauen und sich in die skandinavischen Gebirge zurückzuziehen.
Vielmehr hat die Kälte der Eiszeit mehrmals nachgelassen; die Gletscher
haben sich dann unter der Wirkung der Wärme zurückgezogen, und ans
dem befreiten Erdboden hat zeitweilig ein Tier- und Pflanzenleben wieder
aufblühen können, bis wieder eine Zunahme der Kälte eintrat und eine
neue Vereisung das Land begrub. Wir können für unsere Mark drei
Vereisungen unterscheiden, zwischen deren Ablagerungen wir Schichten mit
Tier- und Pflanzenresten finden als Zeichen, daß eine wärmere Witterung
hier zeitweilig das Eis verdrängt und organisches Leben geweckt hatte.
Die Tierwelt des Eiszeitalters wich erheblich von der heute lebenden ab.
Mammut, wollhaariges Nashorn und Riesenhirsch sind ausgestorben, und
nur aus gut erhaltenen Gerippen, die hauptsächlich in irländischen Mooren
gefunden worden sind, können wir uns ein Bild von ihrer Größe und
Gestalt machen.
Die Eismasse der letzten Vereisung scheint an den Höhen des Fläming
Halt gemacht zu haben. Damals rannen die Schmelzwasser hinab in das
Tal, in dem heute die Elbe fließt, und strömten nach Nordwesten ab, der
Nordsee zu. Dann aber begann die Kalte langsam, aber endgültig zu
weichen, die Strahlen der Sonne tauten kräftiger als zuvor das starre