340
Geographische und naturgeschichtliche Bilder.
Lanzenreihen. Es ist eins mit seinem Führer; ein Wille beherrscht
beide, ein Held sind Roß und Reiter zusammen. Das Roß ist des
Reiters Schild, es ist sein Pfeil, mit dem er zugleich in die Reihen
der Feinde trifft. Des Rosses Mähne flattert, eine schwarze Todes—
fahne, dem blinkenden Schwerte des Reiters voran. Es steht vor der
Lanze, aber es zittert nicht, bleibt besonnen, unerschrocken und fest,
wie ein Fels, milten im Rauch und im Donner des Geschützes. Nicht
das Getümmel, nicht das Sausen der Kugeln, nicht der Wunden und
Sterbenden Klagen heißen es wanken. Ist sein Führer gefallen, so
stellt es sich in die Reihen der Genossen. Es stürzt allein in das
Gewitter der Schlacht. Und bluten ihm selber tiefe Wunden, nimmer
vernimmt man von ihm einen Klageton, nimmer ein Zeichen des
Schmerzes; nur Freude, nur Kampflust wecken seine Stimme.
Ernst und langsam schreitet das Pferd hinter dem Trauerwagen
des Helden, den es irug, einher. Die Rosse Achills weinten ob dem
Gefallenen, Eids treue Babieça folgte mit gesenktem Haupte ihrem
Herrn zum Grabe. Aber es gewinnt den Mut, es erwacht sein Stolz,
wenn es unter dem Schalle der Trompeten den Triumphwagen zieht.
Mit goldenem Gebiß, mit funkelndem Zügel, mit Purpurdecken geschmückt,
schreüet der Andalusier feierlich einher, trägt hoch sein Haupt, zeigt
hell den Blick; denn auch ihm gehört der Lorbeer, und er weiß, daß
er mit dem Herrn der Erde ein Bündnis geschlossen hat.
Und wie das Pferd des Helden Schutz und Trutz in der Schlacht,
so ist es auch sein Freund, sein Gehülfe im Frieden. Mit dem
Kriezer in die Heimat zurückgekehrt, legt es die Rüstung ab, zieht
geduldig den Pflug und den Erntewagen. Es trägt den Reisenden
über die rauhen Pfade der Alpen, in die Eisfelder Sibiriens und
durchrennt mit ihm die Ebenen von Amerika. Der Zelter begleitet
den Araber, wie dieser genügsam, in die brennenden Wüsten, trägt
alle seine Habe, ist das Spiel seiner Kinder, ruht getreulich neben
ihnen unter gleichem Dache. Stets bleibt das Pferd ein beharrlicher,
geduldiger Arbeiler, ein unermüdlicher, rüstiger Gänger, ein behender
Renner, ein offener, kühner Held, ein treuer Waffengenosse, ohne Falsch
und ohne Bosheit.
Es ist dem Menschen zugegeben, ihm gewogen, gelehrig und
folgsam, durch ihn gehoben. Und wo es, seiner Leitung entzogen.
frei umherstreift, in den Steppen der Tartarei und Sibiriens, in den
Llanos Amerilas, da ist es ein kleiner struppiger Sohn der Wildnis
geworden und jagt scheu mit seinen Gefährten als brausender, ver—
heerender Strom über die Ebene hin.
Nur eines Tyrannen Laune, Bosheit und Eigennutz erschlaffen
den Mut, erwecken die Tücke in dem edeln Pferde, überspannen die
Quräfle und machen es alt vor der Zeit. Der Grausame schont auch
seines Alters nicht und gedenkt nicht der Beschwerden, nicht der Thaten
eines feurigen Renners, welcher siegte in den Schlachten, welcher den
Sltammbaum führt von Muhameds Zeiten her; die Loblieder sind