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Die Sage hat auch den Tod des Cyrus ausgeschmückt. Nach ihr kämpfte er
zuletzt gegen die Massagéten, ein scythisches Volk, das die Königin Tömyris be—
herrschte. Auf den Rath des Krösus schlug er ein Lager, ließ in demselben nur den
Tross des Heeres, aber große Vorräthe an Wein und zog sich mit seinen Kriegern
zurück. Da kam ein Theil der Massageten, geführt vom Sohne der Tomyris, in das
Lager, hieb die Zurückgelassenen nieder und schwelgte in den Vorräthen. Vom Weine
berauscht, sanken die Massageten in tiefen Schlaf. So wurden sie von Cyrus über—
fallen, viele getödtet, die übrigen, darunter auch der Sohn der Tomyris, gefangen.
Die betrübte Mutter forderte seine Auslieferung, aber Cyrus verweigerte sie. Da der
Sohn die Schmach der Gefangenschaft nicht überleben wollte und sich selbst den Tod
gab, so rückte die erbitterte Mutter mit ihrer ganzen Macht gegen Cyrus. Im ent—
scheidenden Kampfe wurden die Perser besiegt, Cyrus getödtet. Da nahm die Königin
den Kopf ihres Feindes und tauchte ihn in einen Blutschlauch mit den Worten: „Nun
jättige dich an dem Blute, nach welchem du stets gedürstet, dessen du nie genug —
Auf Cyrus folgte sein Sohn Kambyses (629 — 522). Da ganz
Vorder-Asien schon Persien unterthan war, so richtete Kambyses sein
Augenmerk auf Ägypten. Als Vorwand zu dem Kriege gegen Agypten
diente eine Beleidigung, die dem Kambyses von Amasis zugefügt worden
war. Dieser hatte ihm nämlich seine Tochter verweigert und statt deren
die Tochter des von ihm entthronten Apries zur Ehe gegeben. Damit in
seiner Abwesenheit sein Bruder Smördis nicht die Herrschaft an sich
reißen könne, ließ ihn Kambyses tödten. Im Jahre 525 brach er mit
seinem Heere auf und zog durch die syrisch-arabische Wüste. Indes war
Amasis gestorben und ihm sein Sohn Psammenit gefolgt. Dieser trat
den Persern bei Pelusium entgegen, wurde aber geschlagen und zog nach
Memphis zurück. Kambyses schickte ein Schiff stromaufwärts und for—
derte die Stadt zur Übergabe auf. Doch die Memphiten tödteten die
Schiffsmannschaft und zerstörten das Schiff. Nun rückte Kambyses zu
Lande gegen die Stadt und schloss sie ein. Nach kurzem Widerstande er—
gab sie sich; 2000 junge Memphiten wurden zur Strafe für den Frevel
an der Schiffsmannschaft zum Tode geführt, darunter auch der Sohn
des Königs. Der König sah stumm und trockenen Auges diesem Trauer—
zuge zu; er weinte auch nicht, als er seine Tochter als Sclavin beim
Brunnen erblickte. Solcher Schmerz, erklärte er, wäre für Thränen zu
groß. Aber als er einen alten Freund sich sein Brot erbetteln sah, jammerte
er laut auf. Kambyses war darüber so gerührt, dass er den Prinzen be—
gnadigte, — doch zu spät; die Hinrichtung war schon vollzogen. Psam—
menit blieb in ehrenhafter Gefangenschaft, bis er, der Theilnahme an
einer Verschwörung verdächtig, hingerichtet wurde. — Nachdem AÄgypten
unterworfen war, beschloss Kambyses, seine Herrschaft noch weiter aus—
zudehnen. Er selbst brach mit dem größten Theile des Heeres südwärts