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Ordnung des Mischna sich anschließend, diese nicht nur mit weitläufigen
dialektischen Diskussionen kommentirte, sondern auch vieles den eigentlichen
Lehrstoff nicht Berührendes aufnahm. Der Talmud, der auch Gemara
genannt wird, besteht aus zwei Haupttheilen: das eigentlich Gesetzliche
Halacha, Richtschnur), wobei jedoch auch jene Gesetze, die nach Zerstö—
rung des Tempels und nach dem Aufhören der nationalen Selbstständig—
keit außer Praxis kamen, ausführliche Behandlung finden; ferner der
aicht gesetzliche Theil (Agada) enthält Erzählungen, Sagen, Legenden,
Allegorien, Sprüchwörter, Lebensregeln, Morallehren und Sentenzen. Halacha
und Agada sind ohne System und ohne Ordnung unter einander gemischt und
bietet namentlich die Agada reichlichen Stoff für Sprach- Geschichts- und
Alterthumsforschung. Die Redaktion des Talmud, an der Aschi 60 Jahre
zearbeitet haben soll, wurde durch dessen Sohn Mar und den gelehrten
Maremar fortgesetzt und kam erst zu Anfang des sechsten Jahrhunderts
zum Abschluße. Sie erstreckte sich nicht auf alle Traktate der Mischna;
von 63 Traktaten haben nur 36 talmudischen Kommentar. Von der ersten
und sechsten Mischnaordnung hat nur je ein Traktat Talmud. Die Sprache
des Talmud ist eine Mischung von Hebräisch und Aramäisch, hat eigene
Formen und viele fremdsprachliche Elemente. Der Hebräismus steht selbst
dem der Mischna weit nach. Der jerusalemitische Talmud hat mehr die
syrische Färbung.
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Vom Schlusse des Talmud bis Ende des 15. Jahrhunderts.
bb. Die Juden unter persischer Herrschaft. — die Sa—
boräer.
Im sechsten Jahrhunderte hatten die Juden in den Euphratländern
diele Verfolgungen zu erdulden. Die persischen Könige bedrängten sie mit
den härtesten Maßregeln, die jüdischen Lehrhäuser wurden geschlossen und
das religiöse Studium blieb für lange Zeit ohne Pflege. Die Schul—
oberhäupter wurden Saboraim (Meinende) genannt, gleichsam solche, die
keine wissenschaftliche Selbstständigkeit besitzen, und keine religiöse Autorität
beanspruchten. Schon dieser Name bezeichnet ihre unbedeutende Wirksam—
keit und ist auch aus dieser Periode kein literarisches Werk auf die Nach—
welt gelangt, nur die kleinen Talmudtraktate Sofrim (Regeln bei
Schreibung der Torahrollen), Derech Erez (Anstandsregeln), Semachot
Trauergebräuche) Aboth des Rabbi Nathan (eine Erweiterung ves
Traktat Aboth), welche dem Talmud einverleibt wurden, dürften dieser
Zeit ihre Entstehung danken.