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zerstörend auf das Leben Mendelssohn's. Er starb am 4. Jänner 1786,
tief betrauert von Allen, die seinen edlen Charakter und seinen großen
Geist kannten.
138. Die Schriften Mendelssohn's.
Die deutsche Literaturgeschichte räumt Mendelssohn den Ehrenplatz
ein, den ihm seine gediegenen Schriften erwarben. Wie Keiner vor ihm
verstand er es, die schwierigsten philosophischen Materien mit einer
Klarheit der Darstellung und Eleganz der Sprache zu behandeln. Die
wichtigsten einschlägigen Schriften sind: Phädon, über die Unsterblichkeit
der Seele, Briefe über die Empfindungen, die Morgeustunden und die
von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin gekrönte Preisschrift:
„Ueber die Evidenz in den metaphysischen Wissenschaften.“ — Sein be—
deutendstes Werk auf jüdischem Gebiete ist die deutsche Uebersetzung des
Pentateuch. Sie hatte nebst dem literarischen auch einen großen kultuellen
Werth für die deutschen Juden. Durch diese vorzugsweise für den Unter—
richt bestimmte Uebersetzung lernten die Juden, deren Umgangssprache
bisher ein korrupter aus allen Sprachelementen zusammengestoppelter
Jargon, das sogenannte „Jüdisch-Deutsch“ war, ein richtiges Deutsch
sprechen. Der hebräische Kommentar zu dieser Uebersetzung ist von meh—
reren seiner Schüler und Freunde verfaßt; nur wenige einzelne Stücke
desselben rühren aus seiner Feder. Mendelssohn übersetzte auch die
Psalmen und das hohe Lied und schrieb einen hebräischen Kommentar
zum Buche Kohelet. Er übersetzte auch das jüdische Civilrecht aus dem
Coderx „Schulchan Aruch“ und das Werk „Rettung der Juden von
Menasse ben Israel“. Seine Schrift, Jerusalem“ dankt der Lavater'schen
Affaire ihren Ursprung. Viele literarischen Arbeiten zum Zwecke der
Bildung seiner Glaubensgenossen wurden auf seine Anregung und nach
seiner Anleitung von seinen Freunden und Schülern verfaßt.
139. Gelehrte Zeitgenossen und Schüler Mendelssohn's.
Berlin war damals der Sammelpunkt vieler gelehrten Männer jü—
dischen Glaubens, die sich größtentheils um Mendelssohn schaarten und
durch ihre literarischen Leistungen einen ehrenvollen Namen erlangten. Die
wissenschaftliche Richtung, die sie verfolgten, wurde für die aufgeklärten
und gebildeten Juden mustergiltig und gab den Impuls zu ähnlichen
wissenschaftlichen Bestrebungen der spätern Zeit; sie wurde allgemein mit
dem Namen „die Berliner Schule“ bezeichnet, obgleich sie keine besondere
Methode vertrat und nur mit dem allgemeinen Charakter der Wissen—
schaftlichkeit gekennzeichnet war. Die wichtigsten Männer dieser Schule
waren: Hartwig Wesseli, unter dem Namen Herz Wesel bekannt, aus
einer polnischen Familie stammend, wurde 1725 zu Hamburg geboren;
er verband mit großem jüdischen Wissen die Kenntniß moderner Sprachen
und arbeitete in Berlin, wohin er 1774 übersiedelte, im Vereine mit
seinem Freunde Mendelssohn an der geistigen Hebung seiner Glaubens—