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Städten, mehr noch auf der Reise. Man sieht keinen noch so unbedeu-
tenden Bauer auf seinem Felde ackern, der nicht eine weite und läng-
liche Kapuze trüge, Die Stiefel und Schuhe, welche Waden und Füße
enge umspannen, erregen älteren und klügeren Leuten oft Verwunde-
rung und Lachen. Die Geistlichen tragen nun auf ihrem Haupte kleine,
vom Haare bedeckte Tonsuren, aber an der Seite große Schwerter
und Dolche; dagegen sieht man selten einen Laien, der in seinem Gürtel
nicht einen Rosenkranz zum Beten trüge. Die Missbräuche und die Er-
findung abscheulicher Neuerungen sind so groß und so beschaffen, dass
nicht ich allein, sondern viele andere mit mir sie tadeln, und dass ich
sie nicht schildern will. Es erbauen nämlich diese Neuerungen den Be-
trachter oder Leser keineswegs, sondern sie bezeichnen und offenbaren
eine sehr große Veränderung des böhmischen Reiches. Denn nach dem
Aussterben der angestammten Könige kam Böhmen unter verschieden-
artige und vielfache Herrschaft, welchem Umstande es die verschieden-
artigen Gewohnheiten und Sitten verdankt. Böhmen benimmt sich wie
ein Affe: es ahmt nämlich nach, was es andere thun sieht.
21. Rudolf IV.
(Aus der österreichischen Chronik des Thomas Ebendorfer. Dieser wurde zu
Haselbach in Niederösterreich (im V. U. M. B.) 1387 geboren und starb 1464.
Er war einer der berühmtesten Lehrer der Wiener Universität, vertrat dieselbe
auch bei dem Basler Concil; auch sonst wurde er bei diplomatischen Geschäften
verwendet. Wegen seiner Beredsamkeit erhielt er den Beinamen „der Mund der
Universität”. Er ist ein wichtiger Historiker für die Geschichte seiner Zeit, be-
sonders durch seine „Österreichische Chronik” (Chronicon Austriacum) und das
Tagebuch über das Basler Concil. Seine Urtheile über die österreichischen
Fürsten und ihre Charakterschilderungen blieben bis auf unsere Zeit vielfach
maßgebend für die österreichische (reschichtschreibung.)
Rudolphus, quartus ejus nominis et dictus industriosus,
stipitis de Habsburg, primogenitus praefati Alberti ducis,
successit in regimine Austriae, Styriae, Carinthiae et Car-
niolae anno Domini 1358, adolescens vicesimum agens an-
num.!) Hic fuit princeps fortis ad ardua, imperterritus ad
pericula, prudens industria, et in agilibus humanis clarus ‚in-
genio, cleri pater et Divini cultus promotor indefessus, peritus
non minus in gemmarum . .. (hier ist im Manuscripte eine Lücke)
quod plurimum claret suis in operibus. Nam universitatem
1) Die drei jüngeren Brüder hatten noch nicht das 14. Lebensjahr erreich!
und waren daher noch nicht volliährig: deshalb übernahm er allein die Regierung