Religion.
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Es sind besonders zwei Gruppen von göttlichen Wesen zu unter-
scheiden: die persönlich gedachten Götter (dei, dii, divi = Lichte,
Himmlische) und die geisterhaft wirkenden Dämonen (Genier).
.@) Dei. In der ältesten Zeit genoß besondere Verehrung
Janus, der Schutzgott aller Eingänge, dessen auch später bei
allen Opfern zuerst gedacht wurde. Man stellte ihn als Doppelkopf
dar. Er wurde auch als erster König von Latium gedacht, zu dem
Saturnus, ursprünglich ein Gott der Saaten, als Lehrer des Acker-
baues gekommen sei. Jupp iter ist ein Licht- und Wettergott, der
durch Regen und Sonnenschein Gedeihen spendet und durch
Himmelszeichen seinen Willen andeutet. Er ist der oberste der
Götter und der höchste Schirmgott des römischen Staates (Juppiter
Optimus Maximus). Neben Juppiter tritt besonders der Kriegsgott
Mars hervor, auf den die Römer und viele sabellische Stämme
(S. 148) ihren Ursprung zurückführten. Juno ist die weibliche
Himmelsgottheit, die neben Juppiter oder auch allein auf Bergen
verehrt wurde. Minerva wurde früh in geistigem Sinne als
Göttin des Denkens und Empfindens aufgefaßt. Venus ist ur-
sprünglich eine Göttin der Blumen, Neptun gelangte als Meer-
gott erst durch griechischen Einfluß zu einiger Bedeutung, die
Gottheiten des Feuers waren Volcanus und Vesta.
Während früher Juppiter, Mars und Quirinus. (ursprünglich
wahrscheinlich ein Beiname des Mars) die wichtigsten Gottheiten
gewesen waren, wurden es seit der Erbauung des kapitolinischen
Juppiter-Tempels in der Zeit der Tarquinier (6. Jahr.) die hier ver-
ehrten Gottheiten Juppiter, Juno und Minerva; sie wurden bei
jedem feierlichen Gebete gleich nach Janus genannt, neben ihnen
blieb immer Mars der wichtigste Gott.
b) Die Dämonen, d. h. göttliche Wesen, die erst dadurch eine
eigene Persönlichkeit gewinnen, daß sie an bestimmte Individuen,
Örtlichkeiten oder Handlungen gebunden sind. So glaubte man z. B.,
daß jedem männlichen Wesen ein Genius, jedem weiblichen eine
Juno zugrunde liege. Diese Geister, die später als Genii bezeichnet
wurden, spielen im Kultus eine sehr bedeutende Rolle. Unter ihnen
sind wieder besonders wichtig: a) die Laren, welche gewöhnlich als
verklärte Geister der Verstorbenen betrachtet und am Herde, wo
ihre Holzbilder standen, verehrt wurden; ß) die Larven oder
Lemuren, unter denen man die Geister der bösen Menschen ver-
stand, zu deren Beruhigung gewisse Gebräuche verrichtet wurden;