Full text: Geschichte des Altertums bis zur Begründung des Römischen Kaiserreiches (Band 1, [Schülerband])

2 
er bildete das äußerliche Kennzeichen für die Scheidung der unter besonderem 
yöttlichen Schutze stehenden Stadt, innerhalb deren das Friedensrecht galt und 
zeine Waffen getragen werden durften, und des unheiligen Ackerlandes (ager). 
Im Laufe der Zeit zog die Stadt auch die anderen Hügel in ihren Bereich. Auf 
manchen hatten vielleicht ursprünglich selbständige Gemeinwesen bestanden, so nament- 
lich auf dem Q u irin al. Nach der Überlieferung ließen sich auf diesem Sabiner nieder. 
die sich nach anfänglichem Zwiste mit den Latinern des Palatin zu einer Gemeinde 
verbanden. Daß der Quirinal in der ältesten Geschichte Roms eine hervorragende Rolle 
spielte, beweist der offizielle Name des römischen Volkes populus Romanu$® 
Quiritium und die Verehrung, die der Gott des Hügels, Quirinus, genoß*). 
Durch die Vereinigung der Hügelgemeinden, die den zweikuppigen kapitolinischen 
Hügel zur gemeinsamen Burg bestimmten, wurde Rom die größte Gemeinde von Latium. 
Die Römer griffen auch auf das jenseitige Tiberufer über und besetzten die isolierte 
Erhebung des Janiculus; sie waren stark genug, um an der Tibermündung einen 
Vorort, Ostia (d. 1. „Mündung“‘), anlegen und behaupten zu können, der vor allem 
wegen der in der Nähe gelegenen Salzwiesen von Bedeutung war. Die nächste Um- 
rebung Roms, die heutige Campagna, wurde gleichfalls dem römischen Gemeinwesen 
ainverleibt. 
Während die Latiner Bauern oder Viehzüchter blieben, trat in Rom neben diese 
Beschäftigungen, die immer die Hauptrolle spielten, das Geschäftsleben 
ınd der Handelsverkehr. Vom Apennin herab kamen auf dem Tiber und 
dessen unweit von. Rom mündendem Nebenfluß Anio Bauholz, Steine und Vieh; vom 
Meere her werden frühzeitig griechische Kauffahrer den Weg nach Rom gefunden 
haben. Die vielbenützte Landhandelsstraße, die von Etrurien nach Kampanien führte, 
zing ebenso durch Rom wie die via Salaria, auf der das den Römern gehörige 
Salz von Ostia ins Gebirge transportiert wurde, So entfaltete sich in Rom ein 
selbständiges städtisches Leben, das dem politischen Eigenleben der griechischen 
Polis entspricht. Rom wurde, wie Athen, Sparta, Korinth u. a. m., ein Stadt- 
staat. Die Lage ihrer Stadt nötigte die Römer auch zu dauernder Anspannung 
ihrer militärischen Kraft. Schon in früher Zeit bildeten sich die Charaktereigen- 
schaften des römischen Volkes: der nüchterne, praktische Verstand, in dem sich die 
Schlauheit des Bauern mit der Berechnung des Kaufmannes verband, der Sinn für 
Ordnung und Recht, die Zähigkeit und Disziplin, endlich der fromme, standhafte 
Aaube. 
Religion. Der Glaube der Römer war nüchtern und schwunglos, aber zugleich 
ernst und streng?). In jedem Vorgang, jeder Erscheinung, jedem Einzeldinge des 
öffentlichen und privaten Lebens ist nach römischer Anschauung eine Gottheit 
wirksam®). Der Machtbereich der römischen Götter hat demnach einen fest und 
zumeist enge begrenzten Umfang. 
Die römische Religion kannte in der ältesten Zeit weder Götterbilder noch Götterwohnungen- 
da die Gottheit mit den Dingen und Handlungen untrennbar verbunden war, Erst unter etruskischem 
und griechischem Einfluß sind die Römer zur bildlichen Darstellung einzelner Götter und zum Tempelbau 
übergegangen. 
1) Erst in später Zeit wurde er dem Stadtgründer Romulus gleichgesetzt. — *) Vgl. die Worte 
des Polybios Quellenbuch Nr. 31 am Schlusse. — *) „Omnibus negotiis horisque interesse credebant 
leos‘, sagt ein römischer Schriftsteller. Diese Anschauung ist altindogermanisch (vgl. S. 33).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.