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und militärischen Einrichtungen Roms und dem markigen, zähen, dabei aber sehr
klugen Wesen seiner Bürger, das auch in der Kraft und logischen Strenge der lateini-
schen Sprache zum Ausdruck kommt.
Eine Poesie im höheren Sinne gab es nicht. Das Volk erfreute sich an derben Neckliedern, die
Z. B. von den Kriegern beim Triumph gesungen wurden, oder an den „Liedern gemischten Inhaltes“
Gatura €), die wandernde „Bänkelsänger‘* zum besten gaben. Das (den Griechen unbekannte) „sa-
turnische Versmaß“ dieser Lieder kam auch in den metrischen Grabschriften der vornehmen Römer
Zur Anwendung, von denen uns einige erhalten sind?). Sie entsprachen den bei der Leichenfeier
üblichen laudationes.
Der erste Name, der uns in der römischen Literatur begegnet, ist der des Ap. Claudius
Caecu s?). Dieser Mann, den die Absicht leitete, Rom zu einem Kulturstaat zu machen, übersetzte
"u Sinnsprüche in Saturnische Verse und soll auch seine Rede gegen Pvrrhos herausgegeben
aben.
In der Architektur fand die praktische und gediegene Anlage der
Römer ein geeignetes Feld der Betätigung. Die gewaltige „Servianische‘‘ Stadt-
Mauer, die meilenweiten, wie für die Ewigkeit gepflasterten Straßen, die Wasser-
leitungen und Abzugskanäle waren großartige Leistungen. Der Bogenbau kam in
großem Umfang bei den Toren, Brücken, Wasserleitungen und Kloaken zur An-
wendung und blieb seitdem ein hervorstechendes Merkmal der römischen Bauweise.
In der Kleinkunst (Taf. 37) waren Römer und Latiner von den Etruskern und Griechen ab-
hängig. Die wenigen erhaltenen Werke sind mit großer Sorgfalt gearbeitet, wie z. B. die von einem
latinischen Meister mit eingravierten Zeichnungen geschmückte ‚,ficoronische Cista‘‘, eines der besten
Erzeugnisse dieser Art aus dem Altertum.
V. Die Ausdehnung des römischen Machtbereiches über das westliche
Mittelländische und das Adriatische Meer (270—201).
1. Der erste Punische Krieg (264—241).
Rom und Karthago. Rom war durch die Gewinnung der Vorherrschaft über
Italien aus einer italischen Landmacht eine Großmacht geworden, die in eine Reihe
trat mit den drei hellenistischen Großmächten und mit Karthago. Aber die höhere
Politische Geltung stellte die Römer vor neue Aufgaben.
Rom hatte mit Karthago seit alten Zeiten freundliche Beziehungen unterhalten,
von denen drei Handelsverträge, deren Wortlaut uns Polybios bewahrt hat, Zeugnis
ablegen?). Gegen Pyrrhos hatten beide Staaten ein Defensivbündnis geschlossen;
kaum war jedoch der Angriff des hellenistischen Fürsten abgeschlagen, so trat schon
der Gegensatz zwischen ihnen zutage, Karthago strebte danach, die volle Herrschaft
über das westliche Mittelmeer zu erlangen und die Konkurrenz der anderen Handels-
Mächte in diesen Gewässern zu brechen, Seine Hauptrivalen waren Massalia, die sizi-
lischen Griechen und Rom mit seinen griechischen Bundesstädten. Gelang es den
Puniern, das seit Jahrhunderten angestrehte Ziel, die Unterwerfung ganz Siziliens,
endlich zu erreichen, dann war ihnen der Sieg über alle Nebenbuhler sicher. Gerade
Nach dem Abzug des Pyrrhos schien die Erfüllung ihrer Wünsche in die greifbarste
Nähe gerückt. Die Karthager eroberten damals den größeren Teil von Sizilien; nur
Zwei Städte behaupteten noch ihre Selbständigkeit: S y r a k u s, wo auf die Demokratie
Wieder einmal eine Königsherrschaft gefolgt war, und Messana, das kampanische
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1) S. Quellenbuch Nr. 36. — ?) Vel. Quellenbuch Nr. 34. — ®) Vgl. Quellenbuch Nr. 35.