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V. Abschnitt, Die Zeit von Rudolf von Habsburg bis
zur Entdeckung Amerikas, Verfall des Papsttums
und Kaisertums (1273—1492).*) .
A. Deutschland unter Herschern aus verschiedenen
Häusern (1273— 1347).
A. Rudolf von Habsburg (1273—1291). 1)
An den Ufern der Aar in der nördlichen Schweiz erblühte ein mächtiges
Geschlecht, dessen Ahnen (Guntram) in die Zeit der Ottonen heraufreichen.
und dessen Stammsitz, die von Graf Radbod oder Werner ‚Ohne Festungs-
mauern erbaute Habsburg, sich bescheiden zwischen der Aar und der
untersten Reuß über die fruchtreichen Gefilde des Aargaues erhebt. Der Sohn
Radbods, Werner (IL), nannte sich schon „Graf von Habsburg”. Neben
dem Aargau hatten die Habsburger auch im Thurgau, dem Elsaß, in den
Waldstätten, in Zur, Glarus und anderen Gebieten der Schweiz Besitzungen und
Vökteirechte, Graf Rudolf (1.) der Alte (+ 1232) teilte sein Reich unter die
Söhne Albrecht (IV.) und Rudolf (II). Ersterer erhielt die Habsburg und
die Güter im Elsaß und Aargau und setzte die Hauptlinie fort, letzterer
begründete eine (im J. 1405) erloschene Seitenlinie Lauffenburg - Rheinfelden.
Albrecht brach ins gelobte Land auf und nahm schmerzlichen Abschied von
seinem ältesten Sohne, Rudolf und dessen Brüdern in der Gruft seiner Ahnen
zu Muri. Als er auf der Kreuzfahrt im Morgenlande gestorben war, trat Rudolf
(1240), erst 22 Jahre alt, an die Spitze seines Hauses. Dieser ist der berühmte
„Ahnherr unseres ‚3lorreichen Herscherhauses, Kr gehörte der ghibellinischen Partei
an und kämpfte für die Staufen in Italıen. Dann trat er auf die Seite des
Wahlkönigs Richard von Cornwallis und erweiterte seine Macht durch die
Erbschaft der Kyburger, seiner mütterlichen Verwandten, und durch die
mit seiner Gattin Gertrude (als Kaiserin Anna) von Hohenberg erworbenen
Besitzungen. Als tapferer Kriegsmann unternahm er mit König Ottokar die
Kreuzfahrt gegen die Preußen (1254—1255) und schützte in seinem Heimatlande
die Städte und Landgemeinden gegen die Raubsucht seiner Standesgenossen.
Pilger, Reisende und Kaufleute, denen er Schutz und Geleite über die Alpen
nach Italien gegeben, verkündeten seinen Ruhm in allen Teilen des deutschen
Reiches, Auch der Erzbischof von Mainz, Werner von Eppenstein, hatte
schon früher den wackern Grafen kennen gelernt. Unter Rudolfs Schutze war
er über die Alpen gezogen, um sich aus Rom das Pallium zu holen, und der
Ruf von der Leutseligkeit und Frömmigkeit des schlichten Grafen war zu
seinen Ohren gedrungen, Deshalb lenkte er die Blicke der Wahlfürsten auf
ihn, als es sich darum handelte, dem deutschen Reiche einen Herscher zu geben,
*) Franz Krones „Geschichte Österreichs für die reifere Jugend”,
1, Theil, Wien 1879, Dr. Alf. Huber „die Zeit der ersten Habsburger von
Albrecht I, bis Rudolf IV.”, Wien 1866.
N Dr, Loserth „Rudolf von Habsburg”. Wien 1876.