Object: [Geschichte des Alterthums] (Theil 1)

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7. Macedoniens Herrschaft. 
§. 1. Das maccdonische Reich. König Philipp. 
Im Norden Thessaliens liegt, von gewaltigen Bergen umschlossen, 
das Hochland Macedonien. Die milde Luft des griechischen Himmels 
dringt nicht bis in dieses nördliche „Barbarenland", dessen waldige Höhen 
rauh und kalt sind und dessen Seen und Flüsse der Winter mit einer 
dicken Eisdecke überzieht. Doch giebt es schöne fruchtbare Thäler mit 
korntragenden Ebenen und rebenbedeckten Hügeln und das wasserreiche Ge- 
birgsland bietet der Naturschönheiten viele und eigenthümliche dar, wie sie 
aus der Mischung lieblicher und wild-großartiger Gegenden sich bilden 
können; auch fehlte es nicht an blühenden Städten, in welchen sich ein 
reges Gewerb- und Kulturleben entfaltete. 
E d e s s a oder A e g ä, die alte Hauptstadt Macedoniens, der Heerd des 
Königthums, war schon um seiner Lage willen (in der Gegend des heutigen 
Vodena) ein vielgepriesener Ort. „Zwischen den Turla-und Nitschebergen," 
heißt es in einer bekannten Schilderung*), „die in weiten Bogen aus¬ 
einander treten, hat die Natur einen Felsendamm gelegt, der auf der 
einen Seite in die Thalsohle des Vodabaches übergeht, auf der andern 
aber 300 Fuß hoch aus dem untern Thale steil emporsteigt. Auf diesem 
Klippenrand liegt Vodena. Die zahlreichen Verzweigungen der Voda durch¬ 
strömen mit ihrem klaren Wasser die ganze Stadt und stürzen sich dann 
in großartigen Wasserfällen in die Tiefebene hinab, als klare Silberstreifen 
weithin in der Ebene sichtbar. Dabei die Fülle einer üppigen Vegetation: 
Granat-, Maulbeer- und Lorbeerbäume, verschlungen mit Lianen, Wein¬ 
reben und Epheu, geben der Landschaft ihren immergrünen Schmuck und 
bedecken die Felswand und ihre kühlen Tussteingrotten. Hinter der 
Stadt bildet das obere Vodathal das herrlichste Amphitheater, eingeschlossen 
von dem Kranz gewaltiger Alpengebirge, mit ewigem Schnee. Blickt man 
von dem senkrechten Klippenrand über die tosenden Wasserfälle nach Mor¬ 
gen, so tritt die wunderbare Schönheit der Natur dem Auge noch über¬ 
wältigender entgegen in dem Blick auf die grünen Gärten und Maulbeer¬ 
wälder, zwischen denen der Fluß noch schaumbedeckt durchblickt und in zahl¬ 
losen Wirbeln das Thal hiuabrauscht. Hier war die Wiege der macedo- 
nischen Macht; in der reinen Bergluft erstarkte das junge Volk. Auf dem 
Felsen von Aegä horsteten die Adler, die mit ihren Schwingen einst die 
halbe Welt überschatten sollten." 
Die Urgeschichte Macedoniens liegt in tiefem Dunkel begraben. Es 
mochten sich hier verschiedene Völkerschaften zusammengefunden und ver¬ 
mischt haben, unter welchen, nach den Berichten der Alten, pelasgische und 
') O. Abel.
	        
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