Zweiter Teil.
Die Kandesgeschichte.
I. Unser Vaterland in heidnischer Zeit.
1. Die Kimbern und Teutonen.
Im Jahre 113 v. Chr. erschienen in den Alpen, wo damals
die Nordgrenze des römischen Reiches war, plötzlich zwei deutsche
Völker, die Cimbern und Teutonen. Sie zogen mit Weib
und Kind, mit Hab und Gut umher und gaben den Römern zu
verstehen, daß eine große Flut sie aus ihrem Vaterlande ver¬
trieben habe. Als ursprünglicher Wohnsitz der Cimbern wird von
römischen Schriftstellern, denen wir die erste Kunde über unsere
Hermat verdanken, die Halbinsel im Norden der Elbe an¬
gesehen?) Die mit den Cimbern vereinigten Teutonen sollen weiter
nach Süden gewohnt und von den Meereswogen weniger gelitten
haben. Daher wurde die ganze Halbinsel zwischen der Nord- und
Ostsee die cimbrische genannt und die große Überschwemmung
mit dem Namen „cimbrische Flut" bezeichnet.
. Zu dieser Zeit war Rom bereits der Mittelpunkt einer Welt¬
herrschaft, die sich nicht bloß über die bekanntesten Länder Europas
erstreckte, sondern auch einen Teil Asiens und Afrikas umfaßte.
Vor den Germanen hatten aber die Römer bis dahin solche Furcht
gehabt, daß sie jede Berührung mit ihnen zu vermeiden suchten.
Ans diesem Grunde hielten sie auch die , Pässe der Alpen sorgfältig
mit Wachtposten besetzt, um ihnen den Übergang zu wehren.
Deutschland war früher von einem Ende zum andern mit
großen dichten Wäldern bedeckt, welche die Sonne mit ihren Strahlen
*) Die Geschichtsforscher behaupten, daß vor den Cimbern und Teutonen,
überhaupt vor den germanischen Völkern ein anderes Volk die cimbrische Halb¬
insel bewohnt habe. Die Beschreibung, welche in den ältesten nordischen Sagen
von diesen Ureinwohnern enthalten ist, paßt ganz auf die Polarvölker, auf
die Lappen, Finnen rc. Wann dieses Urvolk durch die Germanen verdrängt
worden ist, darüber sind uns keine Nachrichten verblieben.