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veraͤndert, wie im Hoch-und Plattdeutschen, so nennet man
dieß Mundart. Sind ganze Woͤrter verschieden, wie im
Lateinischein, Franzoͤsischen uud Italiaͤnischen, ober im Boͤtz⸗
mischen, Pohlischen und Russischen: so sind es werwand⸗
re Sprachen, Voͤrt aber die hnlichteit der Sylben und
Woͤrter ganz auf, wie im Deutschen und Boͤhmischen; so sind
es besondere Sprachen.
Jede Sprache ist noch rauh und arm an Woͤrtern und
Ausdruͤden,. so lang die Menschen selbst noch roh, ungebil—⸗
det, und ihre Begriffe meistens nur auf sinnliche Gegenstaͤnde
esngeschraͤnkt sind. Je mehr sich die Menschen selbst bilden,
desto mehr wird auch die Sprache ausgebildet. Die Cultur
einer Sprache kann daher immer fuͤr einen Maßstab von der
Cullur eines Volkes oder auch cinzelner Meuschen gelten.
Indessen dient doch jede mündliche Sprache nur den
Gegenwoaͤttigen seine Gedanken und Empfindungen mitzut hei⸗
len. Was ist aber wohl wahrscheinlicher, als daß mancher
schon in den fruͤhesten Zeiten hier und da wuͤnschte, auch ei—
nem Freunde, der eben nicht zugegen war, etwas Wichtiges
zu berichten, oder auch wohl gar das Andenken merkwuͤrdi⸗
ger Dinge, Personen, und Thaͤten auf die Nachwelt zu brin⸗
hen? Dieß konnte Anfangs nur durch Bilder geschehen.
DVielleicht vom Schatten der Koͤrper verleitet krißelte man
zuerst den bloßen Umriß der Dinge hin. Mit der Zeit uͤber⸗
zog man den Umriß mit Ocher ober einer andern Erdfarbe.
Dleß war Bilderschrift (Hieroglyphen), und zugleich der
Anfang der Mablerkunst. Nachher kam man, um die
Gegenstaͤnde noch mehr zu versinnlichen, auf den —A
die ganzen Gestalten im Thone nochzumachen und abzufor—
men. Dieß war Bildformerey, der Anfang der Bildhau—
erkunst. — Aber es war eint langwierige und unbequeme
Arbeit, jedes Wort erst zu mahlen oder zu sormen; viele
Woͤrler oder Gedanken ließen sich nicht einmahl durch Bilder
dusdrucken. Man erfand also endlich fuͤr jeden Laut ein be—
sismmtes Zeichen, das ist, einen Büchstaben; mit Hülfe
derselben konnte man ganze Woͤrter, und folglich allt seine
Gebanken ausdrucken. Auf diese Art entstand die Schrei⸗
bekunst. Durch sie pflanzten sich die nuͤtlichsten Wahrdel⸗
ten und Erfindungen von Volk zu Volk, von Jahrhundere zu
Jahrhundert fort: und was diese zur bessern Bildung der
Menschen beytrugen, das kam durch sie in Umlauf. Dieß
geschaͤh aber vorzuͤglich, zwar um viel spaͤter, naͤhmlich erst
feit Uwas mehr, als vierthalb hundert Jahren, ajs auch die
Buchdrucker kunsst ist ersunden worden.