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Nero.
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Des Volks und der Stadt Rom schonte er aber eben so wenig.
Jemand sagte im Gespräche: „Nach meinem Tode mag Feuer die
Erde verwüsten." „Ja," erwiederte er, „schon bei meinem Leben."
Und so handelte er auch. Denn er ließ unter dem Vorwände, daß
ihm die Unregelmäßigkeit der alten Gebäude und die alten und krum¬
men Straßen der Stadt mißfielen, Rom ganz öffentlich in Brand
stecken, so daß viele Consularen seine Bedienten mit Werg und Fackeln
in ihren Häusern antrafen, aber nicht Hand an sie zu legen wagten,
und verschiedene an seinen goldenen Pallast anstoßende Fruchtmagazine,
deren Plätze er gar zu gerne haben wollte, ließ er, weil sie von
Quadersteinen aufgeführt waren, durch Kriegsmaschinen niederreißen
und in Brand stecken. Diese Feuersbrunst dauerte sechs Tage und
sieben Nächte, während welcher Zeit das Volk zu den Monumenten
und Grabstätten seine Zuflucht nehmen mußte. Außer unzähligen
Gebäuden gingen die mit der feindlichen Beute noch prangenden Palläste
der alten Kriegshelden, die von den Königen und in der Folge in
deir pnnischen und gallischen Kriegen gelobten und erbauten Tempel,
und überhaupt Alles, was aus dein Alterthume denk- und sehens¬
würdig war, in Rauch auf. Er selbst sah vom Thurine des Mäcens
dem Brande zu, freute sich, wie er sagte, über die Schönheit der
Flammen und besang indessen, in seiner theatralischen Kleidung, die
Eroberung (den Brand) von Troja. Und um auch bei dieser Gelegen¬
heit seine Raubbegierde zu befriedigen, versprach er zwar den Schutt
und die Leichname auf seine Kosten wegzuschaffen, erlaubte aber Nie¬
mand , sich seiner Brandstätte zu nähern rind erschöpfte außerdem
durch -ie ihm uicht allein angebotenen, sondern von ihm auch ausge¬
schriebenen Beisteuern sowohl Privatpersonen, als ganze Provinzen.
Unter diesem Ungeheuer von einem Kaiser mußte der Erdkreis bei¬
nahe vierzehn Jahre lang seufzen, da er endlich davon befreit ward.
Den Anfang machten die Gallier unter Anführung deö Julius Binder,
der damals als Proprätor in dieser Provinz war. Schon längst war
dem Nero von den Astrologen vorhergesagt worden, daß er einstens
werde vom Thron gestoßen werden, welches denn jenen bekannten
Ausspruch desselben veranlagte: „Die Kunst findet überall ihren Unter¬
halt," und ihn um so mehr zu rechtfertigen schien, wenn er auf der
Harfe ein Virtuos zu werden suchte, weil dieses ihm als Regenten
so angenehme Talent ihm, seiner Meinung nach, im Privatstande sehr
. nöthig sein könnte. Unterdessen hatten ihm doch einige dieser Wahr-
Histor. Lesebuch. I. 19