2
—2
65
nach Groß⸗Räschen. Nach kurzer Wanderung gelangen wir an den Rand
des großen Braunkohlenfeldes, und bald tauchen die hohen Fabrikschlote
des Braunkohlenbergwerks „Viltoria“ vor uns auf. Wir sind am Ziele.
2. Nachdem wir die Erlaubnis zum Eintritt in die Grube erhalten
haben, folgen wir dem Schienenwege, der von der Brikettfabrik dorthin
führt, und stehen bald am Rande eines gewaltigen Kessels, dessen Wände
aus dunkler Braunkohle bestehen. Die über der Kohle lagernden Kies-
Sand⸗ und Tonmassen werden durch Trockenbagger oder durch Handbetrieb
abgeräumt. Lange Züge von Wagen, die mit diesem „Abraum“ beladen
sind, bewegen sich unausgesetzt am gegenüberliegenden oberen Rande der
Grube. Ihr Inhalt wird zum Ausfüllen der bereits abgebauten Teile des
Kohlenlagers verwendet. Aus dem guten Ton, der an manchen Stellen
über der Kohle lagert, werden in gewaltigen Ringöfen Klinker und Ver—
blendsteine gebrannt. Allein die Ziegeleien der Braunkohlenwerke „Viktoria“
liefern davon jährlich etwa 12 Millionen Stück. In der Tiefe sehen wir
einige Dutzend Arbeiter, die in dem weiten Raume fast verschwinden, mit dem
Abbau der Kohle beschäftigt. Der Bergmann arbeitet hier nicht im dunkeln
Schoß der Erde beim trüben Licht der Grubenlampe, sondern die Kohle wird
von obenher im „Tagbau“ gewonnen. Nur wo der Abraum eine Mächtigkeit
von mehr als 15 Meter hat, wird die Kohle durch „Tiefbau“ gewonnen, da
sich die Kosten der Entfernung des Abraums hier zu hoch stellen würden.
3. Auf steiler Treppe steigen wir auf den Boden der Grube hinab,
der von einem Schienennetz durchkreuzt wird. Unsre Aufmerksamkeit wird
vor allem durch eine Anzahl braunkohlenähnlicher, aber heller gefärbter
Stümpfe von gleicher, etwa ein Meter betragender Höhe gefesselt. Wir
sehen hier die Reste gewaltiger Baumriesen so gut erhalten, daß man noch
den Verlauf der Holzfasern erkennen und die Jahresringe zählen kann. Die
Stümpfe haben einen Durchmesser von 2 bis 3 Meter, und auf dem dicksten
derselben können 20 Personen nebeneinander stehen. Andre, leider schon
verschüttete Stämme sollen noch stärker gewesen sein. Die Stämme sind
sämtlich an Ort und Stelle gewachsen. Dafür spricht nicht nur die aufrechte
Stellung der Stümpfe und der Verlauf ihrer Wurzeln im Tonboden, der
das „Liegende“ des Kohlenlagers bildet, sondern auch der Abstand der ehe⸗
maligen Stämme voneinander. Er entspricht dem Raume, den sich Ur⸗
waldbäume im Kampf ums Dasein noch heute zu schaffen pflegen. Dieselbe
Art der Bäume, die hier vor Jahrtausenden durch ihren Untergang die
Kohle bilden halfen, grünt noch heute im südlichen Nordamerika.
Treten wir aus der Mitte der Grube näher an die senkrecht aufsteigende
Wand des 15 bis 30 Meter mächtigen Kohlenlagers, so erblicken wir sowohl