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ren) und auf den Handel geworfen. Frankreich ist der dritte
Handelsstaat der Welt. Daher großer Reichthum, aber, bei der
Theuerung der ersten Lebensbedürfnisse, auch bittere Armut; daher
viel Luxus ohne allgemeinen Wohlstand; daher auch häufig Glücks⸗
ritterei und Schwindelgeist, an Stelle kaufmännisch-solider Spekula⸗
zionslust. Bei großer natürlicher Gewandtheit und Geistesbeweglich—
keit sind doch die Franzosen — aus Mangel an hinreichenden und
giten Schulanstalten sowohl, als an Interesse für eine gründliche
Bildung — im allgemeinen sehr wenig unterrichtet. Die Gelehrsamkeit
ist bedeutend, doch auf wenige beschränkt (Institut von Frankreich). Die
Zahl der Studierenden auf den 23 Spezial⸗ und 2 vollständigen Uni—
versitäten (Paris und Strassburg) verhältnismäßig klein. Die Spe⸗
zialuniversitäten sind meist nur gelehrte Schulen. Strassburg allein
gleicht den deutschen Universitäten; die Pariser Universität ist mehr
Aufsichtsbehörde als Lehranstalt. Das Streben der Mittelstände geht
mehr nach Erwerbung realistischer, sogenannter „nützlicher“ Gegen⸗
stände als nach rein menschlicher Bildung: eine Erscheinung, welche
mit der schlimmen Entsittliching des Volkes zusammenhängt. —
Die Franzosen nennen sich selbst die „gebildetste“ und ausschließlich
„die große Nazion“; andere haben sie die liebenswürdigste genannt.
Dagegen werden mit Recht Eitelkeit, Selbstsucht, Leichtsinn und Man⸗
gel an Pietät als Nazionalfehler gerügt. Die Franzosen haben sich
(besonders im Süden des Landes) der Bigotterie nicht begeben und
auf der andern Seite, unter dem Vorwande den Aberglauben zu
vernichten, zum Theil jede christlich-religiöse Ueberzeugung unter die
Füße getreten. Daher der Kultus der materiellen Interessen entschie⸗
dener als in der Echweiz und mit mehr Bewusstsein als in Velgien.
8. 13. Staatseinrichtung und Wohnorte. Die Staats⸗
verfassung ist konstituzionell-⸗monarchisch. Neben dem Kaiser besteht
ein vom Kaiser ernannter Staatsrath, ein Senat und ein gesetz⸗
gebender Körper; in der That liegt aber die ganze Fülle der ge⸗
setzgebenden, wie der ausführenden Gewalt allein in der Hand des
Etaatsoberhauptes. — Die Staatsverwaltung, mittelst des dem