Contents: Vaterlandskunde für die oberste Klasse der österreichischen Mittelschulen

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umfaßt außer dem eigentlichen Königreiche Ungarn, dem Siebenbürgen und die 
Freistadt Fiume zufielen, das Königreich Kroatien und Slawonien und hat 
Budapest zur Hauptstadt. Alle übrigen Länder finden ihre Vertretung im 
Reichsrate zu Wien. Es fehlt ihnen eine einheitliche Bezeichnung; auch die 
statt des amtlichen Titels „Die im Reichsrate vertretenen Königreiche 
und Länder“ übliche Bezeichnung „Zisleithanien“ ist mit Rücksicht auf die 
Lage von Galizien und der Bukowina nicht glücklich gewählt. 
Bosnien und Herzegowina, erst nach dem Ausgleiche 1878 besetzt, 
wird vorläufig von beiden Reichshälften gemeinsam verwaltet. 
Die Grenzen der Monarchie. 
Die Erwerbung des gemeinsamen Verwaltungsgebietes hat unserer 
Monarchie — abgesehen von einem bedeutenden Landgewinn — eine wesent- 
liche Verbesserung ihrer Abgrenzung gebracht. Die Form des Staatsgebietes 
gewann an Abrundung und Geschlossenheit und dadurch erhöhte Ver- 
teidigungsfähigkeit; aber noch immer hat unser Reich eine im Ver- 
hältnisse zur Größe seiner Fläche allzu lange Grenzlinie (von mehr als 
9000 km Erstreckung) zu schützen, eine Folge der zahlreichen Einbuchtungen 
und Vorsprünge im einzelnen. Am stärksten zeigt sich dieses „wechselseitige 
Eindringen“ bei der Grenze zwischen Österreich und dem Deutschen Reiche, 
die meist auf den natürlichen Bollwerken von Gebirgen (so auf den nörd- 
lichen Kalkalpen, dem Böhmerwald, dem Erzgebirge und den Sudeten) 
verläuft; selten hält sie sich dabei genau an die Wasserscheiden, sondern 
erscheint meist (z. B. im Lechtale und auf dem Erzgebirge) zu unserem 
Vorteile so vorgeschoben, daß die obersten Teile der nach außen entwässerten 
Täler in der Regel bis zu einer Verengung der Monarchie zugehören. 
So ist unser Staat im allgemeinen durch gute natürliche Grenzen gegen 
militärische Angriffe von Seiten des Deutschen Reiches gedeckt; daß aber 
an solche in absehbarer Zeit nicht gedacht wird, kommt auch auf der 
Karte gut zum Ausdruck, indem selbst die wenigen von Natur aus un- 
geschützten, breiten Eingangspforten, wie das Alpenvorland mit dem Donau- 
tale oder die Senke von Weißkirchen, weder hüben noch drüben Festungs- 
bauten aufweisen. 
Viel ungünstiger für unsere Monarchie als gegenüber dem Deutschen 
Reich sind Lage und Verlauf seiner Grenze gegen Rußland; diese wird kaum 
irgendwo durch das Gelände gesichert; nur der „nasse Graben“ der Weichsel, 
deren Stromstrich die politische Grenze auf etwa 180 km Länge folgt, bietet 
3inem feindlichen Heere ein stärkeres Annäherungshindernis; im großen 
ganzen bleibt aber doch das galizische Tiefland das freie „Festungsglacis“ 
vor dem Riesenwalle der Karpathen, deren Zugänge die großen Lager- 
festungen von Krakau und Przemysl zu decken haben. Die Grenze gegen 
Rumänien hinwiderum ist in hervorragendem Maße durch die Natur geschützt, 
denn sie verläuft auf den Rücken der Karpathen und Transsylvanischen
	        
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