Full text: Vaterlandskunde für die oberste Klasse der österreichischen Mittelschulen

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Meere bis zum Ägäischen Meere reichen sollte. Da vorauszusehen war, daß 
dieses slawische Reich, welches das europäische Gebiet der Türkei in zwei 
Teile gespaltet hätte, ganz unter dem Einflusse Rußlands gestanden wäre, 
erhoben Österreich und England Einspruch gegen den Friedensvertrag. Rußland 
sah sich infolgedessen genötigt, die Friedensbestimmungen dem Kongresse 
vorzulegen, der am 18. Juni in Berlin zusammentrat und auf dem Österreich 
durch seinen Minister des Äußern, Andrassy, vertreten war. Der Kongreß 
änderte die Friedensbedingungen wesentlich ab. Nur Nordbulgarien (mit 
Sofia) wurde zu einem selbständigen, aber der Türkei tributpflichtigen 
Fürstentum erklärt, dessen Fürst von einer Notablenversammlung gewählt 
werden sollte. Die Fürstentüimer Serbien und Montenegro, die als unabhängige 
Staaten anerkannt wurden, hatten gehofft, daß ihnen die Länder Bosnien und 
Herzogowina zufallen würden, aber der Kongreß erteilte Österreich den Auf- 
trag, diese Länder zu besetzen und zu verwalten. 
Am 29. Juli rückten die ersten österreichischen Truppen bei Brod a. d. Save 
in Bosnien ein, andere Abteilungen zogen von Dalmatien in die Herzegowina ein. 
Am 18. August standen die Österreicher vor Sarajewo, das am folgenden 
Tag erstürmt wurde. Im nächsten Jahre wurde die Okkupation auch auf 
das Sandschak Novibazar ausgedehnt. 
Die Mehrheit der Verfassungspartei war unter Führung des Abgeordneten 
Herbst mit der Okkupation nicht einverstanden, weil sie die Vermehrung 
der slawischen Bevölkerung Österreichs fürchtete, und stimmte in der Dele- 
gation gegen den von Andrassy geforderten Kredit, der in Ungarn anstandslos 
bewilligt wurde, Da also die Regierung von der eigenen Partei nicht mehr 
anterstützt wurde, bot sie ihre Entlassung an, die im Oktober 1878 ange- 
nommen wurde. Den Vorsitz im neuen Ministerium führte Stremayr. Graf 
Taaffe, der zum Minister des Innern ernannt wurde, leitete die Reichsrats- 
wahlen derart, daß die verfassungstreuen Deutschen viele Mandate verloren, 
Im August 1879 wurde dann Graf Taaffe zum Ministerpräsidenten ernannt. 
Das Ergebnis des Berliner Kongresses führte zu einer Entfremdung 
zwischen Rußland und Deutschland, weshalb der deutsche Reichskanzler 
Bismarck auf ein Bündnis mit Österreich hinarbeitete. Da sein Plan bei 
Andrassy Entgegenkommen fand, wurde am 7. Oktober 1879 zu Wien 
zwischen Kaiser Franz Josef und Wilhelm I. ein „Bund des Friedens und 
der gegenseitigen Verteidigung“ geschlossen. Andrassy nahm noch im Jahre 1879 
seine . Entlassung. 
8. Innere Geschichte bis zur Einführung des allgemeinen 
Wahlrechtes. 
Graf Taaffe bildete ein „über den Parteien stehendes Ministerium“, das 
aber allmählich ein slawisch-konservatives Gepräge annahm. Im Abgeordneten- 
hause traten die Tschechen, Polen, Südslawen, die feudalen Großgrundbesitzer 
and die deutschen Konservativen zu einer Partei, der „Rechten“ (auch „eiserner 
Ring“ genannt) zusammen, welche die Majorität hatte und die Regierung
	        
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