Full text: Vaterlandskunde für die oberste Klasse der österreichischen Mittelschulen

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Das Vorhandensein dieser Längszonen erschließt sich jedem, der offenen 
Auges die Alpen durchquert; denn die Gesteine, welche die einzelnen Zonen 
zusammensetzen, verhalten sich gegenüber der Tätigkeit der abtragenden Kräfte 
verschieden und verursachen die Ausbildung bestimmter Oberflächenformen, 
Aurch die jede Zone von den anderen deutlich unterschieden wird. 
1. Die Sandsteinzone. 
Die nördlichste Zone erscheint als ein stark gewelltes Bergland, das ein aus Laub- 
yäldern, Wiesen und Äckern gewobener Vegetationsteppich so vollständig bedeckt, daß 
aus ihm der felsige Untergrund, ein graubrauner, mürber Sandstein, nur selten, am ehesten 
10ch in den Talgründen hervorsehen kann. 
Die Eigenart dieser Zone von wechselnder, aber verhältnismäßig geringer 
Breite prägt sich am vollkommensten in ihrem östlichsten Teile, dem Wiener 
Walde (Schöpfl, 890 m), aus?), während sie im westlichsten Teile, dem 
Bregenzer Walde, durch das Auftreten von Kalkstein und besonders starker 
Schichtstörungen verwischt wird. 
Das Auftreten kühner Gipfelformen (z. B. Hoher lfen, 2230), die mit felsigem Ab- 
sturze auf der Nordseite, aber sanftem, wiesengeschmücktem Südgehänge aus niederer Um- 
vebung emporstarren, verleihen der Landschaft einen besonderen Reiz, der sich erst bei 
einer Wanderung durch das Tal der Bregenzer Ache ganz erschließt. 
In der Mitte aber verschmälert sich die Sandsteinzone und verschwindet 
hei Salzburg bis auf einzelne Reste; sie ist eben durch den Kesselbruch, der 
das Salzburger Becken schuf, in die Tiefe gerissen worden; so treten hier 
die Berge der zweiten Zone, z. B. der Koloß des Untersberges, unmittelbar 
an den Rand der Ebene und geben dem Bilde dieser Stadt einen Hintergrund 
von berühmter Schönheit. Im übrigen tritt die Grenze der beiden Zonen land- 
schaftlich nicht hervor. 
Gegen S. zu werden die Kämme der Bodenwellen immer höher und steiler, so daß 
auf ihren Höhen das Waldkleid zerreißt und die blanken Felsen zutage treten, deren 
olendendes Weiß ihre Zugehörigkeit zur zweiten Zone verrät 2). 
Il. Die nördlichen Kalkalpen,. 
Sie erhielten ihren Namen von den mächtigen Kalkschichten, welche 
hier vorherrschen. 
Diese wurden während der Gebirgsbildung teils in mächtige Falten gelegt, teils 
lurch Verwerfungen zerstückelt, So stehen die Felswälle mit steilen, zackigen Gipfelgraten 
m W. den mächtigen Bergklötzen im 0. gegenüber, deren breite Gipfelfläche mit scharfem 
Rande in die steilen Gehänge übergeht, die mauerartig zur Tiefe abfallen; der Über- 
zang von dem einen Typus der Kalkzone in den andern vollzieht sich etwa in der 
Gegend von St. Johann in Tirol. Die Ausbildung der Bergformen geht auf die Durch- 
‚ässigkeit des Gesteins zurück. Alles Wasser, das auf den Kalkstein fällt, verschwindet in 
Jen Klüften und Fugen und tritt erst in der Tiefe, wo der Kalk auf undurchlässigem 
Schiefer aufruht, in Form stärkerer Quellen zutage; SO fehlt es an der bis gegen die 
Wasserscheiden hinaufreichenden feinen Verästelung des Talsystems und damit an der 
Kraft, welche die Steilheit der Gehänge fortwährend mindert. Die Gehänge bleiben also 
Steilwände, an denen die Verwitterungsprodukte ‚nicht zusammenhängend haften bleiben, 
1) Vgl. Abb. 8, S. 40. — 2) Vgl. Abb. 7, » 
x.
	        
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