Die Verfassung Osterreichs.
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der öffentlichen Mildtätigkeit zur Last fallen, über deren Vermögen
der Konkurs éröffnet ist, denen vom Gericht die vàterliche Gewalt
über die Kinder entzogen wurde und für eine bestimmte Zeit auch
jene, die wegen eines Verbrechens verurteilt worden sind.
Zum Zwecke der Wahl sind alle Kronländer in Wahlbezirke
eingeteilt, bei deren Feststellung die Verschiedenheit der Nationa-
litat, der städtischen und landlichen Interessen und der kulturellen
Entwicklung möglichst berücksichtigt wird. Am Tage der Wahl
hat jeder Wahler einen Stimmzettel auszufüllen und der Wahl
kommission zu ũbergeben, welche ihn uneröffnet in eine Urne legt.
Erst am Schluß findet die Eröffnung und Prüfung der Stimmæzettel
statt (Skrutinium). Derjenige, auf welchen die absolute Mehrheit
der Stimmen entfallt, wird als gewahlt erklart. Wurde infolge einer
Zersplitterung der Stimmen eine absolute Mehrheit nicht erreicht,
sSo findet eine engere Wahl (Stichwahl) statt, bei welcher nur für
jene beiden Kandidaten gültige Stimmzettel abgegeben werden
kônnen, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen erhielten; be-
sondere Bestimmungen über den Wahlvorgang bestehen in Galizien
und Mahren. Durch Landesgesetz kann die Wahlpflicht eingeführt
werden, was auch in einigen Kronländern geschehen ist. Die Wahlen
werden von politischen Parteien beeinflußt, welche für ihre politi-
schen Ideen möglichsst grobe Teile der Bevölkerung zu gewinnen
und dadurch die Staatsgewalt in ihrem Sinne zu lenken suchen
Die Mitglieder des Reichsrates können wegen einer Abstim
mung niemals, wegen einer Außerung nur von dem Hause, dem sie
angehören, zur Verantwortung gezogen werden ( Unverantwortlicit
heit). Wahrend der Dauer der Session darf kein Mitglied wegen
einer strafbaren Handlung — ausgenommen im Falle der Ergrei—
fung auf frischer Tat — ohne Zustimmung des Hauses verhaftet
oder gerichtlich verfolgt werden Immunituât). Die Abgeordneten
erhalten ein Taggeld von 20 Ke (Diaten und Reisekostenentschâ-
digung.
Zum Wirkungskreise des Reichsrutes, welcher bei der Gesetz-
gebung mitzuwirken und die gesamte Regierungstätigkeit zu über-
wachen hat, gehören die allen im Reichsrate vertretenen König-
reichen und Landern gemeinsamen Angelegenheiten, und 2war die
Genehmigung der Handelsvertràge und jener Staatsvertràge, welche
eine Belastung oder Verpflichtung für das Reich oder seine Bürger
zur Folge haben, die Gesetzgebung ũber die Rechte der Staatsburger.
die Oganisation der Gerichte und Verwaltungsbehöôrden, die mit der