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h. Die Zeit Maria Theresias und der Kaiser aus dem
Hause Habsburg⸗Lothringen.
1. Maria Theresia (1740 - 1780).
a) Der Regierungsantritt: Feinde ringsum. Mit Karl VI. war
der letzte männliche Sprosse des Habsburgischen Herrscherhauses aus dem Leben
geschieden. Nach der pragmatischen Sanktion war seine älteste Tochter Maria
Theresia zur Nachfolge berufen. Sie war mit Franz Stephan, dem Groß—
herzog von Toskana vermählt. Er stammte aus Lothringen und war der
Enkel des Herzogs Karl, der Wien von den Türken befreit hatte. Wiewohl die
Erbfolgeordnung von den Mächten Europas anerkannt worden war, erhoben doch
— E Sachsen, Spanien und Frankreich An—
sprüche auf österreichische Lünder. Ihnen schloß sich der junge König Friedrich II.
von Preußen (1740 - 1786) an. Er wollte sein kleines Land vergrößern
und forderte Teile von Schlesien, auf die er ein Anrecht zu haben meinte.
Maria Theresia aber hielt es für ihre heilige Pflicht, den Länderbestand, den
sie ihren Vätern verdankte, ungeschmälert zu erhalten; sie wies trotz ihrer schweren
Bedrängnis alle Anforderungen zurück und nahm im Vertrauen auf Gott, ihr
gutes Recht und die Liebe ihrer Völker den Kampf gegen halb Europa auf.
b) Maria Theresia verteidigt ihre Lünder. Maria Theresia ver—
teidigt ihre Länder gegen den König Friedrich II. von Preußen.
Am frühesten von den Gegnern österreichs erschien der Preußenkönig im Felde,
dem sein Vater, Friedrich Wilhelm J., ein vortreffliches Heer hinterlassen
hatte. In zwei Kriegen, die man die schlesischen nennt, kämpfte Maria
Theresia mit Friedrich II. Sie trat ihm (zuletzt in dem Friedensschlusse von
Dresden 1745) den größten Teil von Schlesien ab, von dem sie nur
den kleineren südlichen Teil, das heutige Osterreichisch-Schlesien, behielt.
Maria Theresia verteidigt ihre Länder gegenn die
Bayern, Franzosen und Spanier. Die Monarchie wurde aber nicht nur
von den Preußen, sondern gleichzeitig auch von den Bayern, Franzosen und
Spaniern angegriffen. Französische und bayrische Truppen fielen in Oberösterreich
ein, besetzten Linz, feindliche Reiter erschienen schon auf den Höhen von Wien,
das von Truppen entblößt war. Tausende flüchteten aus der Stadt. Aber die
Feinde wandten sich nach Böhmen, um zuerst dieses Land zu erobern. Bald
überrumpelten sie auch Prag. Maria Theresia war in einer verzweifelten Lage.
In dieser Not wandte sie sich an die Ung arn und berief die Großen des
Königreiches auf das Schloß in Preßburg. Sie erschien in Trauergewändern,
die Krone auf dem Haupte, und schilderte mit beredten Worten die betrübte Lage
des Landes und der Krone. Die Versammlung war tief bewegt, in glühender
Begeisterung riefen die Magnaten: „Wir weihen unser Blut und unser
Leben!“ Bald sollten die Feinde die Gewalt dieser ritterlichen Vaterlandsliebe