104 Zur Geschichte der Griechen.
unterworfen hätten, vermutlich für ihre Freiheit tapfer kämpfen, andere
aber, der Furcht bor Alexander überhoben, abfallen würden." Zudem
glaubten sie damals sich -mitten zwischen unüberschreitbaren Flüssen zu
befinden, und, von Alexander verlassen, erblickten sie alles voll unüber¬
windlicher Schwierigkeiten. Als endlich das Gerücht anlangte, Alexander
lebe noch, so hatten sie Mühe, dem Raum zu geben: ob sein Leben auch
zu retten sei, glaubten sie noch nicht; wie aber von ihm selbst sogar ein
Schreiben eintraf, er werde sich bald wieder im Lager einfinden, da
erschien selbst dieses den meisten vor übergroßer Furcht unglaublich,
und sie erblickten darin vielmehr eine bloße Täuschung von seiten der
Leibwächter und Heerführer in seiner Umgebung.
In Erwägung dessen ließ sich Alexander, um unruhigen Bewegungen
in seinem Heere vorzubeugen, sobald es tunlich war, an das Ufer des
Hydraotes bringen. Als er nun den Fluß hinabfuhr und das Schiff mit
dem Könige an Bord sich bereits dem Lager näherte, befahl er, das
Zeltdach vom Hinterverdeck wegzunehmen, damit er für alle sichtbar
wäre. Sie aber blieben noch immer ungläubig, als wäre es nur die
Leiche Alexanders, die man bringe, bis das Schiff anlandete und er seine
Hand der Menge entgegenstreckte. Da schrieen sie laut auf, indem sie
die Hände zum Teil gen Himmel, zum Teil gegen Alexander selbst er¬
hoben. Vielen entströmten auch bei diesem unverhofften Anblick unwill¬
kürlich Tränen. Einige seiner Schildträger brachten, als er aus dem
Schiffe herausgetragen wurde, eine Sänfte herbei; er aber befahl, sein
Pferd vorzuführen. Wie er nun wieder hoch zu Roß sich sehen ließ, da
erhob das ganze Heer unter lautem Händeklatschen ein Jubelgeschrei,
wovon die Ufer und die benachbarten Waldtäler widerhallten. In der
Nähe seines Zeltes stieg er vom Pferde, so daß man ihn jetzt auch zu
Fuße sehen konnte. Da lief alles von allen Seiten herbei; der eine suchte
seine Hände, der andere seine Knie, ein dritter auch nur sein Kleid zu
berühren; andere waren zufrieden, ihn wenigstens in der Nähe zu sehen
und dann wieder unter glückwünschendem Zurufe sich zu entfernen;
wieder andere warfen ihm Bänder und Blumen zu, wie sie gerade der
indische Boden darbot.
k) Marsch durch die Wüste Gadrosiens.
(VI, 24-26.)
Von der Mündung des Jndos aus wählte Alexander selbst, während er seinen
Feldherrn Nearchos mit einer Flotte die Küste entlang zur Aufsuchung der Euphrat¬
mündung absandte, den Landweg und durchzog auch die furchtbare Wüste Gadrosiens.
Die Mehrzahl der Geschichtschreiber Alexanders behauptet, daß alle
von seinem Heere in Asien erlittenen Mühseligkeiten zusammengenommen
mit den hier ertragenen Beschwerden nicht zu vergleichen seien. Die
brennende Sonnenhitze samt dem Mangel an Wasser habe einen großen
Teil des Heeres und allermeist die Lasttiere aufgerieben: diese seien näm-