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Zudwig Anzengruber.
Epilog zu Kaimunds „Oerschwender“
Gesprochen im Theater an der Wien am 50. Jahres—
tag der ersten Aufführung (März 1884).
Vor fünfzig Jahren, als der Vorhang sank
Nach diesem Spiele reicher Phantasie,
Erbrauste durch das volle Haus der Dank,
Dem frohbewegt die Menge Ausdruck lieh;
Doch über jenes Saales Schwelle
Drang an der Nachwelt Ohr des Meisters Ruf,
Der so zu tiefst aus Volkesseele
Die reinsten, edelsten Gebilde schuf!
Geändert haben sich die Zeiten,
Und die Gemüther wurden kalt und hart,
Doch kennen sie kein Widerstreiten
Gen Meister Raimunds anmuthsvolle Art;
Es schlägt sie sein naives Schildern
Noch heut wie Jugendtraum in süßen Bann
Und die Allegorie in Bildern,
Sie muthet fast mit weicher Wehmuth an;
In seinem künstlerischen Walten
Dda wurden Alter, Jugend, Hass und Neid