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Schon mehr, als die fünfhundert
Jahr'
Steht er hier festgegründet,
Wo einst der stille Hafen war,
Drein alles Leben mündet.
Wo Luxus jetzt und Modenglanz
Schaut durch die Spiegelfenster,
Umringte ihn der Todtentanz
Zur Stunde der Gespenster.
Doch nein, er ist nicht immer
still,
Er kann gewaltig dröhnen
Und spricht, was er uns sagen will.
In wunderbaren Tönen.
—
Nun jauchzen oder klagen,
Der Alte scheint das Herz von Wien
In seiner Brust zu tragen.
Und oben ragt ins Wolkenreich
Der stolzeste der Horste,
Den sich der Aar von Osterreich
Erwählt in seinem Forste.
Sanct Stephan hält in Treuen fest
Am hehren Doppelaare —
Glückauf, du herrlich Adlernest,
Und daßs dich Gott bewahre!
In Türken- und Franzosennoth
Und allen Kriegesschauern,
Und als der grause schwarze Tod
Gehaust in unsern Mauern,
Wie sah da jeder Blick empor
Zu unserm Stephansthurme,
Der stille wies zum Sternenchor
Ob allem Erdensturme.
Zudwig Ganghofer.
Käferl“.
Eines Tages, als ich, von einem Birschgang nach Hause kehrend,
die lange Dorfstraße hinuntergieng, trat mir ein fünfjähriges Büblein
in den Weg; keck und scheu zuͤgleich. Ein rothgestreiftes Hemdlein mit
aufgestülpten Ärmeln und ein kurzes, verwetztes Lederhöschen war sein
ganzes Gewand. Mit gespreizten Beinen stand der kleine Kerl vor mir,
die nackten Füße im Staub vergraben; verlegen rieb er die Fäustchen
an den Hüften, das runde, hübsche Gesicht, das aus einem Wirrwarr
brauner Löckchen hervorguckte, war von einer tiefen Röthe überflossen, und
die dunklen Angen, welche schüchtern zu mir emporgerichtet waren,
schwammen in Thränen und brannten dabei doch in Erregung und
Verlangen.
Der kleine Bursch gefiel mir. „Sag', Büberl,“ fragte ich, „willst
von mir?“
Er nickte und grub das Köpfchen zwischen die Schultern.
„So red' doch! Was magst denn?“
Leise, mit zitterndem Stimmchen, kam es über die rothen Kinder—
lippen: „Ich thät' halt gar schön bitten, Herr Jager .... schenken S
mir die Feder von Ihnern Huat!“
was