Full text: Moderne deutsche Dichter

605 — 
Auf einem verfallenen Kirchhofe. 
Tod, dir zum Raube 
Fiel eine Welt, 
Die du dem Staube 
Wieder gesellt. 
Hoffen und Sehnen, 
Schimmerndes Los, 
Wunden und Thränen 
Decket das Moos. 
Wer kann ermessen, 
Was sie erstrebt? 
Schon ward's vergessen, 
Dasßs sie gelebt. 
Rarl Geroh. 
»Ave, Caesar. morituri te salutant!« 
„Heil Cäsar dir! dich grüßen, die da sterben!“ 
So ruft der Gladiatoren rauher Chor; 
Gleich wird der Sand mit ihrem Blut sich färben, 
Im Tod sich noch ein Lächeln zu erwerben, 
Stellt sich die Schar dem Imperator vor. 
Im weiten Rund mit vollgedrängten Sitzen 
Thürmt sich der Circus anf ins Himmelblau, 
Der Pöbel kürzt die Zeit mit blut'gen Witzen, 
Und fünfzigtansend Römeraugen blihen 
Voll Mordbegier nach der ersehnten Schau. 
Ein Wink, da stürzen die geübten Schlächter 
Den nackten Leib ins blut'ge Schwerterspiel, 
Der Zagende stirbt unter Hohngelächter, 
Doch Beifallsdonner lohnt den schönen Fechter, 
Der malerisch im Todeskampfe üel. 
Entmenschtes Rom! zur Wollust ist das Morden 
Die Menschenschlächterei zur schönen Kunsi 
Das Sterben zum Theaterspiel geworden, 
Und Nero reset in schmelzenden Accorden 
Die Cither sich zar nächt'gen Feuersbrunsi 
Mager. Moderne deutsche Dichter
	        
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