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228. Vogelweide.
1. Walther von der Vogelweide 7. Bat, dass sie das Grab bedecken
War ein wackrer Sängersmann, Einfach nur mit rohem Stein,
Sich und anderen zur Freude Welcher hohl an seinen Ecken,
Stimmt' er seine Lieder an. Hohl auch oben möge sein.
8. In die hohlen Ecken gieße
Man alltäglich klare Flut,
Dass ein Born dem Vogel fließe,
Der darauf im Fluge ruht.
9. Oben in die Mulde streue
Man alltäglich frisches Korn,
Dass der Vogel bass sich freue,
Träf' er Ätzung auch am Born.
10. Was er wünscht', es ward voll⸗
zogen,
Korn und Wasser fehlte nie; —
Und so kam's zum Grab geflogen
Scharenweis', voll Melodie.
11. Wenn noch kaum der Morgen
graute,
Sang und zwitschert' es schon drauf,
Wenn der Mond durch Wolken schaute,
Saßen dort die Vöglein auf.
12. Recht so eine Vogelweide
Gab es, wo im kühlen Hag
Walther von der Vogelweide
Nie des Lieds entbehrend lag.
2. Walther von der Vogelweide
Sagt' und sang aus Herzensgrund,
Nahm in Freude wie in Leide
Sich kein Blättchen vor den Mund;
3. That sich Zwang in keinem Dinge,
Recht so wie der Vogel singt,
Der da singt, damit er singe,
Nicht, weil's Lob und Lohn ihm
bringt.
4. Und so wie der Vogel oben
Sich bald da, bald dort gefällt,
Zog er hin und her im Leben; —
Seine Weide war die Welt.
5. Sechzig Lenze schon hat Walther
Eingeläutet mit Gesang,
Bis auch seinem frischen Alter
Einst das letzte Stündlein klang.
6. Dort zu Würzburg legt'
nieder
Seinen morschen Wanderstab,
Bat im letzten seiner Lieder
Um ein stilles Sängergrab.
Karl Egon Ebert. *
229. Ludwig Uhland.
1. Ein Mann mit einer schlichten 2. Du suchst sogleich in seinen
Weise, Zügen
Mit einem still bescheidnen Sinn, Des Geistes aufgeregte Kraft,
Mit klarem Aug' und heller Stirne, Den innern Sturm, das ew'ge Sehnen,
So tritt er freundlich vor dich hin; Die Flut der Dichterleidenschaft;
Er heißt dich herzlich gern willkommen, Du suchst der Träume Glut 'und
Schmerzt dich auch nicht der Druck Fülle,
der Hand, Die rastlos ziehn von Ort zu Ort,
Doch wenn der Abschied ward Und dir begegnet — ernste Stille
genommen, In Blick und Haltung, Mien' un
Hat manchen schon sein Kuss gebrannt. Wort.