gesickerten Wasser bilden sich dann zahlreiche Quellen, die nach allen Seiten hin ins
Land Hinabellen und das durstige Gefilde tränken. Durch den Waldreichtum tragen
die Gebirge aber auch nicht unwesentlich zur Bildung neuer Wölken bei. Denn nicht
alle Niederschläge verwandeln sich in Quellen. Fast die Hälfte des Niederschlags
wird aus dem Erdboden durch die Bäume mit ihren Wurzeln ausgesogen; der kleinere
Teil davon dient als Nahrung, der größere Teil aber steigt als Dunst aus den Blättern
in die Luft empor. „Wäre der Wasserdampf nicht durchsichtig wie die Luft, wir
würden jeden Baum in eine Dampswolke eingehüllt sehen, gleich dem Schornstein
einer Lokomotive. Das Gewicht des Wassers, welches 1 da Buchenwald in einem
Sommer verdampft, wird im Durchschnitt aus 3 Mill. KZ geschätzt." Es ist somit
leicht erklärlich, daß die Umwohner eines Gebirgswaldes mehr Regen haben als die
weiter davon entfernt Wohnenden. (Welche Veränderungen würde die Ausrottung
der Wälder hervorbringen?)
12. Die Sudeten ziehen sich in einer Länge von 300 km auf der Grenze zwischen
Schlesien einerseits und Böhmen und Mähren andererseits hin. Die wichtigsten Teile
der Sudeten sind das Gesenke, das Glatzer Bergland, das Waldenburger
Bergland, das Riesengebirge und das Lausitzer Gebirge.
13. Das Riesengebirge. Schrosf und steil wie eine riesige Mauer steigt das
Gebirge aus der schlesischen Ebene empor und erreicht in der Schneekoppe, welche
1600 w über dem Meeresspiegel sich erhebt, seinen höchsten Punkt. Die Abhänge des
Gebirges sind mit Fichten und Kiesern bewaldet; je höher man aber emporsteigt, desto
kälter wird es. Daher findet man dort oben statt der schlanken Kiefern nur ver-
krüppeltes „Knieholz", das mühsam am Boden sich hinwindet. Die höchsten Gipsel
des Gebirges sind kahl, nur das Moos und die Flechte fristen hier ihr kümmerliches
Dasein. Dörfer findet man auf dem Riesengebirge gar nicht, statt derselben aber viele
einzelne, hölzerne Hirtenhäuser, Bauden genannt. Ihre Anzahl mag sich etwa auf
3000 belaufen. Eine solche Baude enthält in der Regel zwei Zimmer. In dem
größeren derselben befindet sich der gewaltige Kachelofen, der das ganze Jahr hindurch
geheizt wird. Außerdem ist noch ein dritter Raum für das Vieh vorhanden. Einzelne
dieser Bauden haben sich jedoch in neuerer Zeit zu Gasthäusern für die Sommer-
fremden umgebildet. Die Baude auf der Koppe selbst hat sogar einen Saal und
mehrere Fremdenzimmer. — Um Johannis treibt der Bewohner des Riesengebirges
seine Herde „zu Berge"; dann hallt das Hochgebirge 14— 15 Wochen von melodischem
Glockengeläute wieder. Mit Eintritt des Oktobers aber stellt sich schon Schneegestöber
ein, und im Winter sind die Bauden gänzlich eingeschneit, so daß man oft weder durch
Thüren noch Fenster einen Ausgang aus dem Hause hat und nur durch den Rauch-
fang das Freie zu gewinnen vermag. Der Weg nach dem Thale hinab, der in dieser
Zeit nur auf Schneeschuhen zurückgelegt werden kann, ist dann durch hohe Stangen
bezeichnet. Stirbt im Winter jemand, so muß das Begräbnis bis gegen das Frühjahr
hin verschoben werden; bis dahin bleibt die Leiche im Schnee ausbewahrt.
14. Das Erzgebirge bildet die Grenze zwischM Böhmen und dem Königreich
Sachsen. Während es aber nach Böhmen hin steil abfällt, geht es auf der sächsischen
Seite in das sächsische Bergland über, das sich kt Gestalt einer schiefen Ebene all-
mählich zur Tiesebene senkt. Der höchste Berg des Erzgebirges ist der Keilberg (1240 m).
Hier im höchsten Teile des Gebirges ist das Klima rauh und kalt („sächsisches Sibirien"),
der Winter dauert volle 8 Monate, und auf den steinigen Feldern wollen kaum Kar-
toffeln, Hafer und Lein gedeihen. Seinen Namen hat das Gebirge von seinem Reichtum
an Silbererzen. Letztere waren es auch, welche hier eine so dichte Bevölkerung hervor-
riefen, wie sie kein anderes Gebirge in solcher Höhe aufzuweisen hat. Die Bewohner
im obern Teile des Erzgebirges ernähren sich teils als Berg- oder Waldarbeiter, teils
treiben sie Hausgewerbe. Da werden Spitzen und Kanten geklöppelt (Barbara Uttmann),