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Damals begann für Deutschland. eine böse Zeit, in welcher der 
Funke der Zwictracht zwischen Kaiser und Papst zu heller Flamme 
qufloderte. Der trostlose Bürgerkrieg, der nach Kaiser Heinrichs VI. 
inerwartetem Tode in Deutschland ausgebrochen war, presste dem 
wvackeren Sänger bittere Klagen aus. Da erklang auch von ihm 
manches mannhafte Lied und mancher kräftige Spruch, und das 
zürnende Wort des edlen Mannes wirkte mit begeisternder Gewalt 
auf die Zeitgenossen. 
Trohßdem Walther in dieser schweren Zeit mit seinem Gesange 
die Herzen der Fürsten Kaiser Otto IV. zuzuwenden sich bemühte, 
war dieser Herrscher gegen den Sänger doch karg und undankbar. 
Erst als Friedrich II. von Hohenstaufen den deutschen Thron bestieg, 
sollle die Sehnsucht des Sängers nach einem eigenen, ruhigen Heim 
in Erfüllung gehen. Friedrich II. verlieh ihm ein kleines Lehen, 
welches vermuthlich in Franken gelegen war. Doch finden wir den 
Dichter im Jahre 1219 ein drittesmal am Wiener Hofe; später soll 
er an einem Kreuzzug nach Palästina theilgenommen haben. Von 
feinen weiteren Lebensschicksalen ist nichts bekannt. Ziemlich sicher ist 
es, dass er hochbetagt zu Würzburg gestorben und begraben ist.“ 
In seinem letzten Willen soll er, wie eine Sage gar lieblich 
erzählt, geboten haben, in seinen Leichenstein vier Locher zu hauen 
ind darein Weizenkörner zu streuen und Wasser zu gießen, den 
Vöglein zur Weide. Im Lorenzgarten des neuen Münsters in Würz⸗ 
burg, unter einem Baume, von dem die Nachtigallen herabsangen, 
wurde sein Grabstein gezeigt, auf welchem folgende lateinische In— 
ichrift gehauen war: 
Der du die Vögel so gut, o Walther, zu weiden verstandest, 
Blüte des Wohllauts einst, der Minerva Mund, du starbest! 
Dass nun der himmlische Kranz dir Redlichen werde beschieden, 
So spreche, wer dies liest: „Gott gönn' ihm den ewigen Frieden!“ 
Nach „Muttersprache“ und dem Lesebuch aus dem k. k. Schulbücherverlage. 
7. Erziehung. 
1. Nimmer wird's gelingen, 
Zucht mit Ruthen zwingen: 
Wer zu Ehren kommen mag, 
Dem gilt Wort soviel als Schlag. 
Dem gilt Wort soviel als Schlag, 
Wer zu Ehren kommen mag: 
Zucht mit Ruthen zwingen, 
Nimmer wird's gelingen. 
2. Hütet eurer Zungen: 
Das geziemt den Jungen; 
Schiebt den Riegel vor die Thür, 
Lajst kein böses Wort herfür. 
Lasst kein böses Wort herfür, 
Schiebt den Riegel vor die Thür, 
Das geziemt den Jungen: 
hütet eurer Zungen. 
3. Hütet eurer Augen: 
Die zu Mustern taugen, 
Solche Sitten lasst sie sehn, 
Alle bösen übergehn. 
Alle bösen übergehn 
Lasst sie solche Sitten sehn. 
Die zu Mustern taugen: 
Hütet eurer Augen.
	        
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