Metadata: Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

IY. Das fränkische Reich und die Erneuerung des abendländischen Kaisertums. 27 
dem Yorsitz des Königs oder seines Stellvertreters. Ist auch die 
alte privatrechtliche Auffassung des Strafprozesses noch nicht ge¬ 
schwunden, so macht sich doch auch die neue Vorstellung geltend, 
dafs der Staat die Pflicht habe aus eigener Initiative Verbrechen 
zu verfolgen. Die übliche Form der Strafe ist die Geldstrafe, die 
aus der Bufse (compositio) und dem Friedensgeld (freda) besteht; 
erstere bekommt der Geschädigte, letzteres der Staat. 
3. Auflösung des fränkischen Reiches und seine Rettung 
durch die Pippiniden (Arnulfinger). 
Seit der Mitte des 6. Jh. beginnt sich im fränkischen Reiche 
•ein Niedergang und seit dem Tode Dagoberts I. (f 639), des letzten 
kräftigen Merowingers, die völlige Auflösung bemerkbar zu machen. 
Die Gründe dafür sind: 1. die Untüchtigkeit der meisten Könige; 
2. eine furchtbare sittliche Verwilderung, die dieses Zeitalter zu 
einem entsetzlich greuelvollen macht; 3. die fortwährenden Reichs¬ 
teilungen; 4. der infolge derselben immer schärfer hervortretende, 
wenn auch noch nicht auf einem bewufsten nationalen Unterschiede 
beruhende Gegensatz der Teilreiche Austrasien (Rhein- und Maas¬ 
gebiet), Neustrien (Seine- und Loiregebiet) und Burgand (Rhone¬ 
gebiet); dazu lösen sich die Herzogtümer Bayern (unter den Agi- 
lolfingern), Alamannien, Thüringen, Aquitanien fast ganz vom 
Reiche los; 5. die infolge des Umstandes, dafs der neue Dienst¬ 
adel mit Königsgut massenhaft ausgestattet werden mufs und so 
zugleich grofsgrundbesitzend wird, steigende Macht der Aristokratie. 
a) In dem seit etwa 560 beginnenden Kampfe des König¬ 
tums mit der Aristokratie, in welchem der grausige Zwist der 
austrasischen Königin Brunhilde, die die Interessen des ersteren 
kräftig vertritt, und der neustrischen Fredegunde eine besonders 
schreckliche Episode bildet, ist der Adel bestrebt das Amt des 
Majordomus, der doch eigentlich Vertreter des Königs ist, — jedes 
der'drei Teilreiche hat seinen besonderen Majordomus, — in seine 
Gewalt zu bekommen und gegen das Königtum auszubeuten. Unter 
Dagobert gelangen Pippin der Ältere, Majordomus in Austrasien, 
und Bischof Arnulf von Metz als Führer des Adels zu gröfster Macht. 
In den nach Dagoberts Tode folgenden furchtbaren Wirren erringt
	        
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