Full text: Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts

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bald, wenn er abgeht ober veraltet, wieder ein nachteiliger Stillstand ein. 
Diesem Nachteil läßt sich durch die Beziehung wissenschaftlicher und tech- 
nischer Männer aus allen Ständen als Ratgeber der Geschäftsmänner vor- 
beugen. Diese selbst als Geschäftsmänner anzustellen, geht nicht an, teils, 
weil es ihrer Neigung entgegen ist, teils, weil ihre Qualifikation bald im 
Geschäftsgedränge leiden würde." — Der Gang der Geschichte hat dem 
großen Reformator in der Cntwickelung der Städte glänzend recht gegeben. 
lUan kann kaum deutlicher den größten Vorzug bezeichnen, dessen sich in 
diesen hundert Jahren die Städte der Monarchie zu erfreuen gehabt haben. 
Venn, wenn sie heute überall diese gewaltige wirtschaftliche Cntwickelung, 
dieses mannigfaltige, sprießende, vorwärtsdrängende Leben zeigen, das uns 
entzückt und uns die Bewunderung des Auslandes einträgt, zu einem guten, 
ja vielleicht zum besten Teil ist das der hingebenden, uneigennützigen Arbeit 
unserer Bürger, der „Laien", zu verdanken, von den unbesoldeten Stadt- 
rätert an herab zu den Tausenden von Armen«, Schul-, Waisen-, (Em- 
schätzungs-Kornrnissionsrnitgliedern und Vorstehern. Sie alle dürfen sich 
mit Stolz auf den Vater der Städteordnung berufen, der mit Recht in dem 
ihm vorgelegten, schon umgearbeiteten Entwürfe des Gesetzes als wich- 
tigsten Grund für die geplante Veränderung der städtischen Verfassung 
im Eingänge den Satz vermißte: daß Teilnahme an der Verwaltung des 
Gemeinwesens Gemeinsinn erregt und erhält. 
3H. Steins Städteordnung. 
G. Kaufmann, polit. Geschichte im 19. Jahrhundert. Berlin. 
Hufs glücklichste gelang dem Freiherrn vom Stein die Reform der 
Städteordnung. 
Die Verfassung der Städte ruhte bis dahin auf den im Mittelalter 
ausgebildeten (Einrichtungen und auf einer Gliederung der Bürgerschaft 
nach Zünften und Klaffen. Das Regiment stand dem Rate zu, der sich 
jetzt regelmäßig selbst ergänzte. Wohlstand und Tätigkeit der Städte waren 
tief gesunken, die Zünfte waren erstarrt, und ihre Mitglieder suchten, 
ähnlich wie die Ratsherrn, ihre Befugnisse zu benutzen, um die Lasten 
auf die unteren Klaffen abzuwälzen. 3n vielen Städten ruhte die Ver¬ 
waltung fast ganz; man vermied jede Tätigkeit, die Unkosten verursachte, 
und suchte ohne Steuern auszukommen. (Einige Besserung brachte die seit 
dem Großen Kurfürsten und besonders seit Friedrich Wilhelm I. regel- 
mäßiger eingreifende Staatsaufsicht, die besonders an der (Erhebung der 
Akzise, einer städtischen Steuer für eingeführte Verbrauchsgegenstände, aus¬ 
gebildet wurde. Die Kriegs- und Steuerräte übten über alle Zweige der 
Verwaltung, von der Straßenreinigung bis zum Schul- und Hrmentvesen, 
eine ständige Aufsicht, und die Wahlen zu Mitgliedern des Magistrates 
unterlagen der Prüfung der königlichen Kollegien. Die Bürgerfchaft konnte 
durch Repräsentanten oder in allgemeinen Bürgerversammlungen an der 
Verwaltung Anteil nehmen, aber dieser Anteil war tatsächlich meist ganz 
unbedeutend, und der Gemeinsinn war tief gesunken. Das allgemeine
	        
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