Grimm: Otto mit dem Bart.
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Hiermit rüstete sich Heinrich zu dem Heerzug itnd kam bald nach
Welschland zu der Stadt, wo die Deutschen lagen; jedoch barg er
sich vor des Kaisers Antlitz und floh ihn. Sein Zelt ließ er ein wenig
seitwärts vom Heere schlagen. Eines Tages lag er da und badete in
einem Zuber und konnte aus dem Bad in die Gegend schauen. Da sah
er einen Hausen Bürger aus der belagerten Stadt kommen und den
Kaiser dagegen reiten zu einem Gespräch, das zwischen beiden Teilen
verabredet worden war. Die treulosen Bürger hatten aber diese List
ersonnen; denn als der Kaiser ohne Waffen und arglos zu ihnen ritt,
hielten sie gerüstete Mannschaften im Hinterhalte und überfielen den
Herrn mit frechen Händen, daß sie ihn fingen und schlügen. Als Herr
Heinrich diesen Treubruch und Mord geschehen sah, ließ er Baden und
Waschen, sprang aus dem Zuber, nahm den Schild mit der einen und
sein Schwert mit der anderen Hand und lief nach dem Gemenge zu.
Kühn schlug er unter die Feinde, tötete und verwundete eine große Menge
und machte sie alle flüchtig. Darauf löste er den Kaiser seiner Bande
und lief schnell zurück. Otto, als er zu seinem Heer wieder gelangte,
wollte erkundigen, wer sein unbekannter Retter gewesen wäre; zornig
saß er im Zelt aus seinem Stuhl und sprach: „Ich war verraten, wo
wir nicht zwei ritterliche Hände geholfen hätten; wer aber den Mann
erkennt, führe ihn vor mich her, daß er reichen Lohn und meine Huld
empfange; kein kühnerer Held lebt hier noch anderswo."
Nun wußten wohl einige, daß es Heinrich von Kempten gewesen
war; doch fürchteten sie, den Namen dessen auszusprechen, dein der Kaiser
den Tod geschworen hatte. „Mit dem Ritter," antworteten sie, „stehet
es so, daß schwere Ungnade auf ihm lastet; möchte er deine Huld wieder
gewinnen, so ließen wir ihn vor dir sehen. Da nun der Kaiser sprach:
„und wenn er ihm gleich seinen Vater erschlagen hätte, solle ihm ver¬
geben sein," nannten sie ihm Heinrich von Kempten. Otto befahl,
daß er alsobald herbeigebracht würde; er wollte ihn aber erschrecken
und übel empfahen.
Als Heinrich von Kempten herbeigeführt war, gebärdete der Kaiser
sich zornig und sprach: „Wie getrauet Ihr, mir unter Augen zu treten?
Ihr wißt doch wohl, warum ich Euer Feind bin, der Ihr meinen Bart
gerauft und ohne Schermesser geschoren habt, daß er noch ohne Locke
steht. Welch hochfärtiger Übermut hat Euch jetzt daher geführt?" „Gnade,
Herr," sprach der kühne Degen, „ich kam gezwungen hierher, und mein
Fürst, der hier steht, gebot es bei seinen Hulden. Gott sei mein Zeuge,
wie ungern ich diese Fahrt gethan; aber meinen Diensteid mußte ich
lösen; wer mir das übel nimmt, dem lohne ich so, daß er sein letztes
Wort gesprochen hat." Da begann Otto zu lachen: „Seid mir tausendmal