auf die Heraufsteigenden, so daß viele voll ihnen umkamen, und zu¬
letzt mußte selbst Pharas trotz seines Eifers einsehen, daß ihm ein
Sturm nimmermehr gelingen werde. So wartete er denn getrost,
bis der Hunger den König und seine wenigen Getreuen zur Übergabe
zwingen würde. Er schrieb aber an Gelimer einen Brief mit folgenden
Worten: „Auch ich bin freilich ein ungelehrter Barbar, wie du, in
den Wissenschaften nicht erfahren; aber was ich als Mensch empfinde,
das schreibe ich dir. Wie kommt es doch, lieber Gelimer, daß du dich
und die Deinigen in das tiefste Elend stürzest, damit du nur nicht
einem andern gehorchen mögest? Denn das ist der Grund deiner
Beharrlichkeit. Dabei bedenkst du aber nicht, daß du eigentlich den
erbärmlichen Mauren dienst, da du ja von ihnen dein Glück und
Leben abhängig machst. Wahrlich, es wäre besser, wenn du dich
dem Kaiser übergäbest, der dich ehren, der dir das Patriziat und ein
reichliches Besitztum schenken will. Trage dein Geschick; denn es
ziemt dem Manne, Glück und Unglück mit demselben Gleichmut zu
ertragen. Daß aber meine Worte wahr sind, dafür wird Belisar dir
Bürge sein, der alles, was ich dir hier sage, gern auf sich nehmen wird."
Als Gelimer diesen Brief erhielt, weinte er bitterlich, aber er
antwortete, daß er nimmer einem ungerechten Feinde sich unterwerfen
wolle, der, obwohl niemals von ihm durch Wort oder Tat gekränkt,
ihn so elend gemacht habe. „Aber," so schloß er seinen Brief, „bewillige
du mir eine Bitte, lieber Pharas, und schicke mir eine Leier, ein
Brot und einen Schwamm." Über diese Bitte verwunderte sich Pharas,
da er nicht wußte, was -sie bedeuten sollte, bis der Überbringer des
Briefes sie ihm erklärte. Er sagte: „Gelimer hat ein Brot begehrt,
weil er ein solches nicht mehr gesehen, seitdem er den Felsen von
Pappua bestiegen hat; er bedarf eines Schwammes, weil ihm vom
vielen Weinen das eine Auge blind geworden ist; nach einer Leier
aber sehnt er sich, um bei ihrem Klange sein Elend zu besingen." Da
ergriff den Pharas Trauer über den Wechsel menschlicher Größe,
und er gewährte dem unglücklichen König seine Bitte. Aber immer
enger und enger versperrte er ihm die Zugänge zum Felsen von
Pappua.
Noch drei Monate vergingen, der Winter nahte sich seinem Ende,
und Gelimer war noch immer ungebeugten Mutes; aber seine Stand¬
haftigkeit kam oft in Versuchung. Einmal hatte ein maurisches Weib
von einigem Getreide, das kaum halb gemahlen war, einen Kuchen
bereitet und schob ihn in die heiße Asche des Herdes, wie die Mauren
zu backen pflegen. Bei dem Feuer aber saßen zwei Knaben; der eine
war Gelimers Neffe, der andere ein Sohn jener Frau. Beide waren
gierig hungrig und lauerten auf den Augenblick, wo der Kuchen gar
sein würde. Als dieser soweit zu sein schien, stürzte der vandalische