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Vierte Periode des Mittelalters.
Maria von
Burgund.
Wardein in Ungarn verbannte. Hier mußte sie anderthalb Jahr bleiben.
Man hielt sie, ihre Stieftochter und die Hoffrauen gar ärmlich, so daß
alle krank wurden. Sie hatten oft weder Brot noch Wein auf dem Tische.
Nach einem halben Jahre bat Barbara um Gnade, erhielt sie aber nicht,
und erst nach anderthalb Jahren ließ sich Sigismund durch die Bitten
der Freunde und seiner Tochter bewegen, sie wieder zu sich zu nehmen.
Allein die unnütze Frau hatte in der Zeit der Prüfung Nichts gelernt.
Als Sigismund in seinem 70. Lebensjahre stand, machte sie Anschläge,
nach seinem Tode sich mit dem jungen Polenköuig Casimir zu ver¬
mählen, obwohl sie nahe an 60 Jahre alt war, und ihm Böhmen
und Ungarn mitzubringen. Allein der Kaiser entdeckte ihre Anschläge,
rüstete sich heimlich zur Reise nach Ungarn, setzte sich einen frischen
Lorbeerkranz auf das greise Haupt und ließ sich in einer offenen Sänfte
durch die Stadt Prag zum Thore hinaustragen. Unter starker Be¬
deckung mußte ihm die Kaiserin folgen. Zu Znaym ließ Sigismund
die Standesherrn von Böhmen, Mähren und Ungarn seinem Schwieger¬
söhne huldigen und vereitelte dadurch Barbara's Absichten. Hier starb
der Kaiser (1437). Seinem Willen gemäß ward die Leiche nach Gro߬
wardein geführt und Barbara seinem Testamente zufolge dicht hinter
seinen Sarg auf den Wagen gesetzt, und da sie sich sträubte, mit Ketten
angeschmiedet. Barbara's Lebenswandel wird auch nach dem Tode ihres
Gemahls als ein äußerst schamloser getadelt.
Carl der Kühne, der prachtliebende Herzog von Burgund, war
einer der reichsten Fürsten Europas. An seinem Hofe herrschte eine
Pracht und Verschwendung wie an keinem anderen (S. 235). Ihm
ward am 13. Februar 1457 zu Brüssel eine Tochter geboren, welche
in der Taufe den Namen Maria erhielt. Die Feierlichkeiten bei dieser
Taufhaudlung waren so überaus großartig, daß die burgundischen Schrift¬
steller nicht Worte genug finden können, um Alles so ausführlich zu
beschreiben, damit es getreu sei, und dauerten 15 Tage. Die fürst¬
lichen Gemächer waren bis auf die Schlafstätten mit den kostbarsten
Meubels und Teppichen geschmückt, Straßen und Kirchen prachtvoll
verziert und alles Geschirr von Gold und Silber. Ueber 400 Fackeln
wurden bei Anlaß der Taufe verbrannt. Maria erhielt in Alma von
Salins und Maria von Hallwyn zwei vorzügliche Erzieherinnen, welche
aus die segensreichste Weise ihre Anlagen bildeten. Große Herzens¬
gute, ein edler Stolz, frommer Sinn und fester Charakter zeichneten
die edle Prinzessin vor vielen ihrer Staudesgeuossen aus. Ihre physi¬
schen und geistigen Kräfte wurden gleichmäßig geübt. Sie las Sagen,
Lieder und Geschichtsbücher, machte Fortschritte in der Tonkunst, übte