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wortete Peter. „Nun, fuhr der Geistliche fort, so laßt
doch das Loos entscheiden, welcher ihn von euch Beiden ha⸗
ben foll. — „Ich loose nicht,“ sagte Stephan; — „ich
auch nicht,“ sagte Peter. — „So behaltet ihn doch ge⸗
meinschaftlich,“ versetzte der Herr Pfarrer. — „Daraus
wird nichts,“ gab Stephan zur Antwort. — „Ich muͤß
ihn allein haben,“ sagte Peter! Der Geistliche schlug ends
lich vor, sie sollten den Garten verkaufen, und das Geld
theilen; aber auch dieser Vorschlag wurde nicht angenom⸗
men. „Run so kann ich euch nicht helfen, sagte der Pfar⸗
rer. Ihr werdet es schon erfahren, wie ungluͤcklich die
Leute sind, die in Unfrieden mit einander leben und Pro⸗
zeß fuͤhren.“
Die Bruͤder kehrten sich aber nicht daran, sondern
jeder nahm einen Rechtsgelehrten an, und es entstand ein
Prozeß, der lange Zeit dauerte und viel Geld kostete. Hat⸗
ten sich die Bruͤder etwas erworben, so mußten sie es dem
Richter oder ihrem Rechtsfreunde geben. Dieser Prozeß
verbitterte ihnen alle Freuden des Lebens. Gegen die Ihri⸗
gen sahen sie immer muͤrrisch aus; das Essen schmeckte ih⸗
nen nicht, weil sie sich stets aͤrgerten, und den Magen voll
Galle hatten; des Nachts konnten sie nicht schlafen, weil
sie immer uͤber ihren Prozeß nachdachten, und ein jeder nur
darauf sann, wie er den Andern verderben wollte. Beide
redeten einander alles Boͤse nach, und da ihnen die Leute
glaubten, so wurden sie beide fuͤr ichlechte Menschen gehalten.
Nachdem fie eine lange Zeit ein so elendes Leben ge⸗
fuͤhret hatten, wurden sie endlich vor Gericht beschieden, um
das Endurtheil zu hoͤren. Da that denn der Richter den
Ausspruch: daß der Garten verkauft, und mit dem Gelde
die aufgelaufenen Prozeßkosten bezahlt werden sollten.
Da sahen beide Brüder einander voll Erstaunen an,
und Stephan sagte; „Haͤtten wir dieß, nach dem Rathe
unsers Herrn Pfarrers, nicht gleich thun koͤnnen? Da haͤt⸗
ten