Kap. 33. Befestigung der Reformation. (Augsburgische Confession.) 265
Kirche als schriftgemäß befunden und beibehalten, auch schon mehr¬
mals in ihren Schriften bekannt hatten, das wollten sie nun in einem
klar zusammengestellten Bekentnnisse öffentlich und bestimmt aus-
sprechen und sich dadurch gegen den Vorwurf der Häresie und Sectirerei
verwahren. So kam der 15. Juni herbei, an welchem Kaiser Karl
seinen Einzug in Augsburg hielt.
Sogleich nach seiner Ankunft wurde den cvang-elischcn Fürsten bedeutet, ihren
mitgcbrachten Geistlichen das Predigen während des Reichstags zu untersagen und
am folgenden Tag in Person mit dem Kaiser der Frohnlcichnamsproccssion bei-
zuwohnen. Diese letztere Zumuthung lehnten die evangelischen Fürsten durch den
Mund des Markgrafen Georg von Brandenburg ab, der mit Bestimmtheit erklärte,
cs scy dieß gegen das Gewissen der Evangelischen, lieber wolle er sich, che er von
Gottes Wort abtrete, den Kopf abschlagcn lassen. Der Kaiser crwtcdcrte zwar
cinlcnkend: „Lover Forst, nit Kopp ab! nit Kopp ab!", bestand aber doch auf
seiner Forderung. Die Fürsten blieben jedoch standhaft auf ihrer Weigerung, waö
einen um so mächtigeren Eindruck machte, da man hierin ans einen Triumph über
die Protestanten gerechnet hatte.
Als hierauf am 20. Juni
1330 der Reichstag zu Augsburg eröffnet wurde, so übergaben die
lutherischen Stände ihr Glaubensbekenntniß, und er¬
hielten, wiewohl mit Mühe, die Bewilligung, es am 25. Juni öffentlich
vor Kaiser und Reich vorzulesen und in deutscher und lateinischer
Sprache zu übergeben. Dasselbe war von Melanchthon, nach
vorhergegangenen Berathungcn mit andern vorzüglichen lutherischen
Theologen, auf den Grund der 13 durch Luther gestellten Torgauer
Artikel, mit der äußersten Gewissenhaftigkeit in jenen beiden Sprachen
abgefaßt und von Luther gebilligt worden.
Auch mit den Fürsten und mit den Vertretern der Städte war vorher
jeder Artikel dieser Confession sorgfältig durchgegangcn und dieselbe dann L uth ern
zur Begutachtung nach Coburg gesandt worden. Dieser schrieb darüber zurück:
„ Sic gefällt mir sehr wohl und ich weiß nichts daran zu bessern und zu ändern,
würde sich auch nicht schicke», denn ich so sanft und leise nicht treten kann. Christus,
unser Herr, helfe, daß sie viele und große Frucht schaffe, wie wir hoffen und bitten."
— Die Vorlesung geschah in der Kapelle der bischöfflichen Burg, welche der
Kaiser bewohnte. Da zu besorgen war, der Kaiser möchte die Vorlesung in der
lateinischen Fassung vorzichen, was den Eindruck verhindert hätte, so nahm der
Kurfürst von Sachsen das Wort und sagte: „Wir sind Deutsche, und auf
deutschem Boden lasset uns deutsch reden!" Der Kaiser willigte ein und nun las
der kursächsifchc Kanzler, vr. Bayer, das Bekenntniß so laut und vernehmlich,
daß auch viele Außenstehende cs verstehen konnten. Nach der Vorlesung, die bei¬
nahe zwei Stunden währte, fühlten sich alle Evangelischen gehoben in dem Be-
wußtseyn, ihr Gewissen gewahrt und ihren Glauben frei bekannt zu haben, und
selbst viele der Gegner staunten über die Christlichkeit der lutherischen Lehre, von
der sie sich vorher so viel Entsetzliches hatten sagen lassen.