§ 5. Die hamitischen und semitischen Kulturvölker. 17
Ein deutscher Landsmann, der Mecklenburger Heinrich Schliemann,
der die Königsburgen von Mycenä, Tiryns und auf dem Hügel zu Hissarlik,'
wo er die Trümmer Trojas suchte, durchforschte, fand in Mycenä Stücke
ägyptischer Thongefäße mit Inschriften, die den Namen jenes Herrschers und
seiner Gemahlin Ti enthalten, ferner an allen drei Stellen viele Gold- und
Bronzegegenstände mit geometrischen Schmuckzeichen, letztere in der am Nil
üblichen Mischung von 12—14 v. H. Zinn und 86—88 v. H. Kupfer.
Wie groß die Macht, wie zahlreich die Sklavenschaft solcher altgriechischer
Fürsten war, erhellt aus der Thatsache, daß in der Burg zu Tiryns ein Tiryns.
Steinungeheuer von 20000 kg den Boden der Badestube bildete, und über
dem Eingang, der in die sogenannte Schatzkammer des Atreus führt, ein
solches von 122000 kg liegt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein kanaa-
nitischer Mann, der vom Enripus her handelnd ins Innere Böotiens kam,
(wie Europäer bei Jndianerstämmen, ein westfälischer Freiherr in Korsika)
unter der eingeborenen Bevölkerung Einfluß und Macht erlangte, (aus
irgend einem Grunde von seinen Landslenten ausgestoßen?) sich dort an-
siedelte und die Kadmsa, die Burg des späteren Theben, erbaute. Mit ®ie Kadmea
ihren Waren brachten die semitischen Kaufleute den Griechen Anregung und ei©r£n??e
Kenntnis auf allen Gebieten des Lebens^). So übernahmen diese die von
jenen aus der ägyptischen Bilderschrift abgezogene Buchstabenschrift, die auch
im Nilland erfundene Kunst des Leinewebens, des Schmiedens, dazu die Phönizische
Anfänge in der Schiffahrt und außerdem den Dienst mehrerer Gottheiten. eilWfe.
Aber so groß war bereits das nationale Sondergefühl und die Kraft des
hellenischen Geistes, daß man die phönizischen Zeichen sich nicht einfach an-
eignete, sondern dem Wesen der eigenen Sprache anpaßte, und daß man die
religiösen Vorstellungen nach den eigenen umprägte.
Die Eroberung der Olymphalbinsel, der siegreiche Krieg also, war für Bedeutung
die Entwicklung der Griechen von größter Bedeutung gewesen. Aus Leuten, ie§ fi'9rfeic6esn
die nichts besaßen als ihr Vieh und ihre Karren, manche noch Rosse und Entwicklung der
Beuteknechte, bessere Waffen und etwas Schmuck, waren die Sieger Besitzer @tänbe unb ber
von Weidegründen und Ackerfluren, einige auch Herren vieler Knechte ge- ®ultur'
worden. Je nach dem Ansehen und der Tapferkeit waren die Anteile
größer oder kleiner ausgefallen. Ein Waffenadel, vielleicht schon lange in
seinen Anfängen vorhanden, erhebt sich nach und nach aus der Masse der
Gemeinfreien, die tüchtigsten Rufer im Streit werden zu Fürsten. Die
besiegten Urbewohner trifft die ganze Härte des Naturgesetzes, nach dem die
Schwächeren den Stärkeren zum Opfer fallen. Die Freude am Dasein
wächst. Man beginnt ferner von den höher Gesitteten zu lernen.
§ 5. Die hamitischen und semitischen Kulturvölker.
1. Die Phönizier. Dies thatkräftige, zähe, gewandte, verschmitzte Volk
nannte sich selbst nach dem Namen seiner Heimat Kanaaniter oder nach Einheimischer
seiner größten Stadt Sidonier. Das Land selbst hatte sie auf die See 9Zame'
1) Freilich übten sie, wo es anging, auch Menschenraub und andere Gewalt-
that. Vgl. Horn. Od. IV 84; XIII 272 ff.
Schenk, Lehrbuch, HI. Altertum. A. 2