§ 5. Die hamitischen und semitischen Kulturvölker. 23
lingen, den Karthagern, wurde diese mit Belit zu einem göttlichen Wesen
verschmolzen, zur Aschera-Astarte, die nun beides, Tod und Verderben,
Leben und Segen den Menschen zusandte. Auf alle mögliche Weise suchte
man diesen, in Götzenbildern dargestellten überirdischen Mächten zu dienen,
auch durch greuelvolle Menschenopfer. Eine solche Religion (im Gegensatz Menschenopfer.
zu der ägyptischen, der arischen und der mosaischen), jeglicher Entwicke-
lung zur sittlichen Veredelung ihrer Anhänger bar, vermochte die Menschen
freilich nicht besser und reiner zu machen.
c. Kultur. In mehrtausendjähriger Arbeit gelangte das ostsemitische
Doppelvolk zu reicher wirtschaftlicher Entfaltung. Babylon und Minitie1),
die Hauptstädte, erregten durch ihre Größe, ihre Bauten und ihre Volkszahl Größe der
das Staunen und Grauen der Völker. Da das Gebet von den Lippen der Wtftabte.
Menschen besser vernehmbar wäre, wenn man den Göttern näher käme, er-
richteten sie in ihrem berglosen' Lande ihre Tempel, wie den Beltempel zu Tempel.
Babylons, auf (sich verjüngenden, in Pyramidenart aufsteigenden) Stock-
werken; ebenfalls in Ermangelung von Bodenerhebungen legten sie ihre
Gärten stufenförmig an („hängende Gärten"). Die Flußüberschwemmungen „Hängende
verlangten Beobachtung der Sterne, woraus die Sternkunde, aber auch die ®arten"-
abergläubische Sterndeutern entstand, desgleichen kunstvolle Wasserbauten.
Man teilte das Jahr in Monate und Wochen, den Kreis in 360 Grade, Sternkunde,
jeden der letzteren in 60 Bruchteile. Die starke Volksvermehrung, die in
dem reichen Lande eintreten mußte, führte wie in Ägypten zur Arbeitsteilung, Arbeitsteilung.
Gewerbe und Handel blühten auf. Teppiche, feine Gewebe, die Erzeugnisse
der Erz- und Goldschmiede und Edelsteinschneider fanden überall großen Absatz.
Dies veranlaßte sie, eine sehr brauchbare Maß- und Gewichtsordnung auf- Babylonische
zustellen, wobei sie das Hauptmaß, das babylonische Talent, gleich einem Maß-.Gewichts-
babylonischen Kubikfuß Waffer, bei mittlerer Jahrestemperatur gemessen, Geldordnung.
fetzten3). Indem sie auch bei dieser Berechnung die Zahl 60 zu Grunde
legten, stuften sie das Talent in Minen und Sekel ab. Mit ihren Waren,
die von Kamelen über die syrische Wüste getragen wurden („Karawanen-
Handel"), drang diese Geldordnung über alle Länder Vorderasiens. Das
Edelmetall (Gold und Silber) wurde nach ihrem Vorgang allgemein als
Tauschmittel benutzt; man wog davon, soviel man zur Zahlung brauchte,
in Barren ab4). Verkehr und Verwaltung fanden ferner eine große Unter¬
stützung durch eine Silbenschrift, die altere5) Keilschrift. Sie bestand aus (Ältere) Keil-
Zeichen, die man durch Vereinfachung hieroglyphifcher Bilder gewann; sie Wntt'
wurden in Täfelchen, welche mit erweichtem Thon überzogen waren, ver-
mittels eines Griffels eingedrückt. Um die Schrift haltbarer zu machen,
wurden die Schreibtäfelchen gebrannt.
1) = uic
2) Er ist heute noch in den Trümmern von Birs Nimrüd erhalten (der Stadt
Mosul gegenüber). Er bestand aus acht Stockwerken und war 180 m hoch (was
aber ein neuerer Forscher stark bezweifelt).
3) Vgl. die metrischen Maße.
4) Die Prägung von Münzen erfand man erst um das Jahr 600 im tonischen
Phocäa oder in Lydien.
5) Die jüngere, die persische, ift Buchstabenschrift.