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Übersichten zur Staats- und Wirtschaftskunde.
3. Ackerbaukolonien, deren Ansiedler hinausgezogen sind, um eine
neue Heimat zu gewinnen, und sich durch eigene Arbeit, unter
der zunächst naturgemäß der Ackerbau obenansteht, eine Wirtschaft-
liche Existenz schaffen; diese Kolonien entwickeln sich meist zu
selbständigen Staaten (ogl. die griechischen Kolonien, die deutsche
Kolonisation östlich der Elbe im Mittelalter, die französischen
Ansiedlungen in Kanada, die englischen und deutschen in Nord-
amerika und Australien);
4. Pflanzungskolonien, deren Zweck die Produktion tropischer
Kolonialerzeugnisse für den Weltmarkt ist; mit europäischem Ka-
pital gegründet, werden sie entweder von Sklaven oder für Lohn
arbeitenden Eingeborenen bearbeitet (vgl. das tropische Amerika.
Asien, Afrika).
13. Volkswirtschaftliche Theorien.
1. Das Merkantilsystem, welches zeitlich dem Absolutismus des
siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts entspricht (Colbert; Fried-
rich Wilhelm I. und Friedrich der Große). Seine Grundzüge sind
Herstellung eines möglichst freien Verkehrs im Innern, möglichster
Ausschluß fremden Imports, um das Geld im Lande zu halten,
und fremden Wettbewerbs, Förderung der Industrie und des
Exports industrieller Erzeugnisse und Erreichung einer günstigen
Handelsbilanz, Bevormundung der Produktion durch den Staat.
2. Die individualistischen Systeme:
a) das physiokratische System (Turgot), das mit den Worten
laissez faire, laissez passer Freiheit der Produktion und
des Verkehrs verlangt;
d) das Jndustriesystem des Adam Smith (gest. 1790),
so benannt, weil er die Arbeit (industry) als die Quelle
des Nationalreichtums bezeichnete. Er erklärte für die Haupt-
bedingungen der Produktivität der Arbeit einerseits die Ar-
beitsteilung, andrerseits den freien, individuellen Wettbewerb,
dessen möglichste Herstellung auf gewerblichem und kommer-
ziellem Gebiete (Gewerbefreiheit, Freihandel) er forderte.
c) die Manchesterschule, nach der Stadt Manchester be-
nannt, welche um 1840 den Mittelpunkt der Agitation gegen
die englischen Kornzölle bildete, hat die individualistischen
Grundsätze auf wirtschaftlichem Gebiete am schärfsten aus-
geprägt und die These aufgestellt, daß sich aus dem Kamps
der einander widerstreitenden egoistischen Interessen eine all-
gemeine Harmonie des wirtschaftlichen Lebens ergeben müsse.