Full text: Vom Untergang des Karolingerreichs bis zum Tode Friedrichs des Großen (Teil 2)

Der Westfälische Friede und die Folgen des Krieges. 
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vielfach zu grober Zuchtlosigkeit verwildert; als dann die Not des Da- 
seins und der Druck der Gutsherren und des Staates zur Wieder- 
ausnähme der Arbeit zwang, wurde ein scheues, gedrücktes, mißtrau- 
isches Wesen das Kennzeichen des deutschen Bauernstandes, der sich von 
den höheren Ständen verachtet, von jeder Bildung ausgeschlossen, zu 
irgend welcher Besserung seiner Lage unfähig sah. Auch das Bürger- 
tum hatte von dem Stolz und dem Freimut des Reformationszeit- 
alters viel verloren; in kleinen und engen Verhältnissen, einfach und 
still, selten berührt von den Ereignissen der großen Politik, ohne 
Schwung floß das Leben im Bürgerhause dahin; von dem nationalen 
Sinn früherer Zeiten waren nur geringe Spuren vorhanden; die klein- 
lichen Verhältnisse des Privatlebens nahmen das ganze Interesse in 
Anspruch. Den Reichen und Vornehmen gegenüber war man demütig 
und unterwürfig, während man zugleich durch ein übertrieben form- 
liches und geziertes Wesen ihnen nachzuahmen suchte. Denn schroffe 
Scheidung der Stände und damit verbunden Pflege des Standeshoch- 
muts und der Standesetikette gehören als wesentliche Bestandteile zum 
Gepräge der Zeit. Auch der Adel machte jetzt eine wesentliche innere 
Wandlung durch: wenn er bisher aus seine Selbständigkeit trotzig ge- 
pocht und noch im sechzehnten Jahrhundert in den Fürsten zumeist seine 
Gegner gesehen hatte, so wurde es jetzt sein Stolz, in der nächsten Um- 
gebung der Fürsten zu verweilen; er wurde zu einem Hofadel, teilweise, 
wie in Brandenburg, zu einem Offiziers- und Beaintenadel. Damit 
veränderten sich auch feine Umgangsformen; er nahm die Sitten und 
Anschauungen des modischen und höfischen Lebens an; und diese 
waren aus dem Auslande entlehnt. Denn jetzt kam die Zeit, wo sich 
das Leben der deutschen Höse und der von ihnen beeinflußten vor- 
nehmen Stände mit den feinen und „galanten", aber frivolen Formen, 
der Pracht und Schwelgerei, der steifen Etikette des französischen Hof- 
lebens erfüllte; mit dem fremden Luxus gelangte auch die fremde, vor- 
nehmlich die französische Industrie zur Herrschast in Deutschland; auch 
die deutsche Sprache vermochte sich dem fremden Einfluß nicht zu ent- 
ziehen, wurde mit ausländischen Brocken aufgeputzt und nahm anstatt 
der früheren Schlichtheit und Derbheit einen gezierten und schwülstigen 
Charakter an. 
Auch die deutsche Literatur der Zeit, als deren Vertreter der Geistiges 
Gebert 
durch das „Buch von der deutschen Poeteret)" berühmt gewordene 
Martin Opitz und die Dichter der beiden schleichen Dichterschulen zu 
nennen sind, trägt den Charakter des Gelehrten und Gezierten, ja Un-
	        
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