Full text: Nürnberger Fortbildungsschullesebuch

D ö 351 D öú ñ 
bei feierlichen Gelegenheiten, ich habe ihn gesehen im engeren Familien- 
kreis: überall war er derselbe wohlwollende, liebenswürdige und zuvor- 
kommende Mann, ich möchte sagen, ein bescheidener Mann. Und 
wenn man das sieht, was dieser hohe Herr geschaffen hat, auf welchen 
Glanz, auf welche Hõhe er Deutschland gebracht hat, so macht das 
einen doppelten Eindruck, erscheint dieser Mann doppelt grob. — 
Denken Sie nur: Er war es, der Preußen, überhaupt das Haus Hohen- 
zollern auf eine früher nie erreichte Hõöhe gebracht hat. Er war es, 
der dem neuen Deutschen Reich, obwohl es an Umfang viel kleiner 
ist als das Heilige Römische Reich deutscher Nation, eine Macht und 
einen Glanz verlieh, den das Heilige Römische Reich seit Jahrhunderten 
entbehrte. Es gehört mit zu der schönsten Zeit deutscher Geschichte, 
so viele Staaten, deren Völker derselben Sprache und desselben 
Stammes sind, mit dem Reiche vereint zu haben. Wenn Sie bedenken, 
daß andere Staaten vielfach entfremdet sind und die in denselben 
befindlichen Deutschen jetzt einen schweren Kampf ums Dasein führen, 
so wird Ihnen die Macht und die Herrlichkeit derjenigen, die sich im 
Reiche befinden, doppelt hoch vorkommen. 
121. Proklamation Kaiser Friedrichs III. 
An Mein Volk! 
Aus Seinem glorreichen Leben schied der Kaiser. — In dem viel— 
geliebten Vater, den Ich beweine, und um den mit Mir Mein Königliches 
Haus im tiefsten Schmerze trauert, verlor Preußens treues Volk seinen 
ruhmgekrönten König, die Deutsche Nation den Gründer ihrer Einigung, 
das wiedererstandene Reich den ersten Deutschen Kaiser! — Unzertrennlich 
wird Sein hehrer Name verbunden bleiben mit aller Größe des Deutschen 
Vaterlandes, in dessen Neu-Begründung die ausdauernde Arbeit von 
Preußens Volk und Fürsten ihren schönsten Lohn gefunden hat. — In— 
dem König Wilhelm mit nie ermüdender landesväterlicher Fürsorge das 
preußische Heer auf die Höhe seines ernsten Berufes erhob, legte Er den 
sicheren Grund zu den unter Seiner Führung errungenen Siegen der 
deutschen Waffen, aus denen die nationale Einigung hervorging. Er 
sicherte dadurch dem Reiche eine Machtstellung, wie sie bis dahin jedes 
deutsche Herz ersehnt, aber kaum zu erhoffen gewagt hatte. — Und was 
Er in heißem, opfervollem Kampfe Seinem Volke errungen, das war Ihm 
beschieden, durch lange Friedens-Arbeit mühevoller Regierungsjahre zu 
befestigen und segensreich zu fördern. — Sicher in seiner eigenen Kraft 
ruhend, steht Deutschland geachtet im Rate der Völker und begehrt nur, 
des Gewonnenen in friedlicher Entwickelung froh zu werden. —
	        
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