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bei feierlichen Gelegenheiten, ich habe ihn gesehen im engeren Familien-
kreis: überall war er derselbe wohlwollende, liebenswürdige und zuvor-
kommende Mann, ich möchte sagen, ein bescheidener Mann. Und
wenn man das sieht, was dieser hohe Herr geschaffen hat, auf welchen
Glanz, auf welche Hõhe er Deutschland gebracht hat, so macht das
einen doppelten Eindruck, erscheint dieser Mann doppelt grob. —
Denken Sie nur: Er war es, der Preußen, überhaupt das Haus Hohen-
zollern auf eine früher nie erreichte Hõöhe gebracht hat. Er war es,
der dem neuen Deutschen Reich, obwohl es an Umfang viel kleiner
ist als das Heilige Römische Reich deutscher Nation, eine Macht und
einen Glanz verlieh, den das Heilige Römische Reich seit Jahrhunderten
entbehrte. Es gehört mit zu der schönsten Zeit deutscher Geschichte,
so viele Staaten, deren Völker derselben Sprache und desselben
Stammes sind, mit dem Reiche vereint zu haben. Wenn Sie bedenken,
daß andere Staaten vielfach entfremdet sind und die in denselben
befindlichen Deutschen jetzt einen schweren Kampf ums Dasein führen,
so wird Ihnen die Macht und die Herrlichkeit derjenigen, die sich im
Reiche befinden, doppelt hoch vorkommen.
121. Proklamation Kaiser Friedrichs III.
An Mein Volk!
Aus Seinem glorreichen Leben schied der Kaiser. — In dem viel—
geliebten Vater, den Ich beweine, und um den mit Mir Mein Königliches
Haus im tiefsten Schmerze trauert, verlor Preußens treues Volk seinen
ruhmgekrönten König, die Deutsche Nation den Gründer ihrer Einigung,
das wiedererstandene Reich den ersten Deutschen Kaiser! — Unzertrennlich
wird Sein hehrer Name verbunden bleiben mit aller Größe des Deutschen
Vaterlandes, in dessen Neu-Begründung die ausdauernde Arbeit von
Preußens Volk und Fürsten ihren schönsten Lohn gefunden hat. — In—
dem König Wilhelm mit nie ermüdender landesväterlicher Fürsorge das
preußische Heer auf die Höhe seines ernsten Berufes erhob, legte Er den
sicheren Grund zu den unter Seiner Führung errungenen Siegen der
deutschen Waffen, aus denen die nationale Einigung hervorging. Er
sicherte dadurch dem Reiche eine Machtstellung, wie sie bis dahin jedes
deutsche Herz ersehnt, aber kaum zu erhoffen gewagt hatte. — Und was
Er in heißem, opfervollem Kampfe Seinem Volke errungen, das war Ihm
beschieden, durch lange Friedens-Arbeit mühevoller Regierungsjahre zu
befestigen und segensreich zu fördern. — Sicher in seiner eigenen Kraft
ruhend, steht Deutschland geachtet im Rate der Völker und begehrt nur,
des Gewonnenen in friedlicher Entwickelung froh zu werden. —