154 Rechtsstaat -
Polizeiorgane bei der vorgesetzten
Dienststelle Beschwerde zu erheben
und die Gerichte anzurufen. Bei¬
spiel: Preußen seit Friedrich dem
Großen. Durch Gesetz vom Jahre
1875 wurde das Verwaltungs¬
streitverfahren genau geregelt
(Jnstanzengang: Kreisausschuß, Be¬
zirksausschuß, Oberverwaltungsge¬
richt). Im Gegensatz zum Kultur¬
staat (s. d.) ist R. ein solcher, der,
wie die mittelalterlichen Staaten,
nur das Recht schützt, d. H. für
Leben und Eigentum nach innen
und außen Sicherheit gewährt und
die Kulturaufgaben (Schul- und
Kirchenwesen, Pflege der Wissen¬
schaften und Künste usw.) den ein¬
zelnen Bürgern oder Körperschaften,
wie z. B. der Kirche, überläßt.
Im Gegensatz zum patriarchalischen
Staat (s. d) hat der R. feste,
schriftlich aufgezeichnete Gesetze, an
welche die Regierenden gebunden
sind.
Reede, Ankerplatz. Reeder,
Schiffseigentümer, der mit seinen
Schiffen Frachtgeschäfte betreibt
oder sie, wie jener Holländer Benj.
Raule unter dem Gr. Kurfürsten,
ausleiht.
Referendum, lat., in der Schweiz
die für gewisse Fälle angeordnete
allgemeine Volksabstimmung über
Gesetze. Vgl. Demokratie und
Plebisscit. Die deutsche Sozial¬
demokratie (s. d.) fordert „direkte
Gesetzgebung durch das Volk ver¬
mittels des Vorschlags- und Ver¬
werfungsrechts".
Reform, lat., die Umgestaltung,
Verbesserung der bestehenden Ver¬
hältnisse auf gesetzlichem Wege und
Reformierte.
mit friedlichen Mitteln. Vgl. Re¬
volution, Soziale Reform.
Reformation, lat., Umgestaltung,
Verbesserung der kirchlichen Ver¬
hältnisse, Kirchenerneuerung. Eine
der Aufgaben des Konstanzer Kon¬
zils (1414—18) war die „Refor¬
mation der Kirche an Haupt und
Gliedern". Gewöhnlich versteht
man unter R. die durch Luther,
Zwingli und Kalvin im Gegensatz
zur alten Kirche durchgeführte
„Glaubensreinigung", die auf reli -
giösem Gebiete eine völlige Um¬
wälzung der bestehenden Verhält¬
nisse hervorrief und eine Spaltung
der abendländischen Kirche in drei
christliche Bekenntnisse: das katho¬
lische, lutherische und reformierte
zur Folge hatte, in politischer
Hinsicht eine Schwächung des der
alten Kirche treu bleibenden Kaiser¬
tums, eine Stärkung des Fürsten¬
tums (s. Absolutismus) und die
Säkularisierung der geistlichen
Staaten bewirkte, in kultureller
Beziehung zunächst in den prote¬
stantischen, seit der 2. Hälfte des
18. Jahrhs. auch in den kath. Gebie¬
ten die Verstaatlichung und Verwelt¬
lichung des Schulwesens herbei¬
führte; vgl. Fürstenschulen, Kloster-
schulen, Universitäten, Volksschulen,
auch Mystik und Individualismus.
Die sog. Reformation König
Sigmunds, das Werk eines
hussitisch gesinnten deutschen Welt¬
geistlichen, das im I. 1476 er¬
schien, ist das erste revolutionäre
Schriftstück in deutscher Sprache,
die „Trompete des Bauernkriegs".
Reformierte, die Anhänger
Zwinglis und Kalvins, in Frank¬
reich Hugenotten genannt, in