Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Teil 5)

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68 Das Zeitalter des Emporkommens Preußens. 1648 — 1786. 
und des Grafen Brühl, so mußte die Pfalz unter den Launen und der 
Prachtlieb^Aarl Theodors, Württemberg unter der Karl Eugens leiden. 
Indessen haben diese Fürsten doch auch in ihren Sammlungen und Bau- 
merken ein schönes Erbe hinterlassen. In ihren SHMern entfaltete das 
Rokoko, das mit seinen zierlich geschwungenen, anmutig spielenden Formen 
ws majchätische Barock ergänzte, glänzend seine Dekorationskunst, um 
den Mischen Genuß zu verfeinern. Ein Kunsthandwerk mit entwickeltem 
Stilgefühl erwuchs im Dienst dieser höfischen Mltiuu Die MMWren. 
aus Porzellan entsprechen diesem Sinne für tändelndes Spiel. Die Schlösser 
lagen noch mit Vorliebe außerhalb der alten^eMenM^und suchten durch 
Verbindung von Kunst und Natur besondere Reize zu geben. Wie Aans- 
Jouci, so sind NZmphenburg und Karlsruhe in dieser Weise entstanden. 
Dre sdjuunor unter August IL eine vorgeschobene Kolonie des Südens; 
der Zwinger, die Frauenkirche, die Hofkirche sind herrliche Denkmäler dieser 
Tage des Glanzes. In Süddeutschland hat vor allen Balthasar 
Neum&m (f 1753) als Baumeister zu einer reichen Tätigkeit Gelegenheit 
gehabt. Die Residenz von Würzburg verdankt ihm ihr Entstehen. Den 
%£ßistiLiöste ein strengerer Klassizismus ab, bis der Sinn für die stille 
Größe des griechischen Wesens echte hellenische Kunstformen aufsuchte. 
Luxus, Sittenlosigkeit und Mißartung des Rechts herrschten an vielen 
deutschten Höfen, auch an denen geistlicher Herren. Mehr als ein deutscher 
Fürst verkaufte freilich seine Landeskinder als Soldaten an England, das 
für den nordamerikanischen Krieg Truppen brauchte. (Vgl. die Episode in 
Schillers „Kabale und Liebe".) Aber auch wissenschaftliche Anstalten sind 
von diesen Fürsten ausgegangen; die geistlichen Fürstentümer haben meist 
auch für SMen und Wohlfahrtsanstalten gesorgt. Immerhin mehrte sich 
gegen Ende des Jahrhunderts die Zahl der Fürsten, welche, dem Vor- 
bilde Friedrichs des Großen und Maria Theresias nachstrebend, durch ge- 
Joseph n. meinnützige Tätigkeit die Bevölkerung wirtschaftlich und geistig zu heben 
suchten. Unter ihnen ragen hervor Markgraf Karl Friedrich von Baden 
und Karl August von Sachsen-Weimar, die große Landgräfin von Hessen- 
Darmstadt. Die kleinen Höfe haben vor allem das Verdienst, der deut- 
schenLiteratur Heimstätten geboten zu haben. 
Manael des So wenig es eine nationale Politik gab, so wenig vermochte sich ein 
Am7und nationaler Sinn zu entwickeln. Die Siege Friedrichs des Großen hatten 
in weiten Kreisen Begeisterung erzeugt, die aber nur der Person des 
Helden galt/) nicht seinem Staate. Es fehlte überhaupt an bewußter 
1) So war ich denn auch preußisch, ober, um richtiger zu reden,, fritzisch ge- 
sinnt", schreibt Goethe m „Dichtung und Wahrheit"; „denn was ging uns Preußen an!"
	        
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