Zustünde im römischen Reiche.
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Er hat Rom mit seiner hohen Mauer umgeben; es geschah aus Angst, der
„kimbrische Schrecken" könne einmal bis an den Tiber selbst vordringen.
Zustände im römischen Reiche.
§ 15. Wirtschaftliche Zustände. Dem politischen Versall ging der^
wirtschaftliche Verfall zur Seite. Die Entwickelung hatte da¬
hin geführt, daß einer verhältnismäßig kleinen Anzahl sehr reicher Leute,
die in kaum erdenklichem Luxus lebten, eine immer größer werdende Menge
von Armen und Besitzlosen gegenüberstand. Da nun die Reichen ihre
Kapitalien vornehmlich dadurch nutzbar zu machen suchten, daß sie Grund
und Boden erwarben, so kam es zu einer Entwickelung des G r o ß g r n n d- 8ü“fe1j”nbktt;
besitz es, die jedes Maß überschritt. Nachdem der größte Teil Italiens
dem Latifundienwesen zum Opfer gefallen war, ergriff es die Provinzen;
zu Neros Zeit gehörte die Hälfte der Provinz Afrika sechs Besitzern. So
schwand in weiten Teilen des Reiches der bäuerliche Mittelstand dahin;
das Land verödete; die Besitzlosen drängten sich in die Städte, ohne doch in
der Industrie ausreichende Beschäftigung zu finden, da diese ebenso wie der
Großgrundbesitz vornehmlich Sklaven beschäftigte.
Die Folge dieser Verhältnisse war, daß mit dem Wohlstand die B e - ^g«ng
völkerungszahl zurückging. Furchtbare, wiederholt auftretendeMkelmig.
Seuchen wirkten in derselben Richtung; ebenso die zunehmende Ehe¬
losigkeit, die teils eine Folge der wachsenden Verarmung war, teils
mit der Zerrüttung des Ehelebens und der Vernichtung der alten Sitte zu¬
sammenhing. Vergeblich versuchten wohlwollende Herrscher der Ver¬
armung der Massen, der Abnahme der Bevölkerung, der Verödung des
Landes durch Koloniegründungen, Ackerverteilungen, durch Ehegesetze und
Alimentationsstistungen abzuhelfen.
Indessen lasteten die stetig wachsenden Steuern immer schwerer Steuerdruck,
auf der Bevölkerung, während zugleich die in kaum glaublichem Maße fort¬
schreitende Münzverschlechterung — zu Diokletians Zeit 284—305.
betrug der Silbergehalt der Silbermünzen nur 5 % '— eine unerträgliche
Preissteigerung der Waren zur Folge hatte. Dem Mangel an landwirt¬
schaftlichen Arbeitern suchten die großen Besitzer dadurch abzuhelfen, daß sie
Grund und Boden an Erbpächter, K o l o n e n, vergaben, die ihnen Ab- Mimen,
gaben leisteten. Bald wurden diese in die Stellung höriger, an die Scholle
gebundener Leute herabgedrückt; ihre Lage war schlecht, und ihre Erbitte¬
rung machte sich, vornehmlich in Gallien, in furchtbaren Bauernkriegen Luft.
§16. Geistiges und religiöses Leben. Nicht minder groß töar®w
der Verfall des geistigen Lebens. Das erste Jahrhundert