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A. Aus der griechischen Litteratur.
dem Orient zur Darstellung bringen zu wollen erhebt ihn weit
über die Logographen. Die Einteilung seines Werkes, das bis 478
reicht, in 9 Bücher rührt von den Alexandrinern her. Zweifellos
ist seine Wahrheitliebe, wenn auch Irrtümer unausbleiblich und
natürlich waren. An schärferer Kritik hinderte ihn zuweilen sein
frommer Sinn, der ihn in der Geschichte überall das unmittelbare
Walten der Götter sehen liefs. Eigentümlich ist seine Vorstellung
vom Neide der Götter.
Thukydides, der Sohn des Oloros aus dem attischen Demos
Halimus, -wurde ca. 465 (?) geboren. Über sein Leben ist wenig
Sicheres bekannt. 423 Strateg an der thrakischen Küste, kam er
zum Entsatz der von Brasidas bedrängten Stadt Amphipolis zu spät
und entzog sich der über ihn verhängten Todesstrafe durch die Ver¬
bannung. Er lebte in Thrakien, der Heimat seines Geschlechtes,
wo er reiche Besitzungen bei Skaptehyle gegenüber Thasos hatte,
oder auf Reisen, das Material zu seinem Werke sammelnd; eine
Zeit lang war er bei König Archelaos von Makedonien. 404 zurück-
berufen, ist er bald darauf, es ist zweifelhaft, ob in Athen und
auf welche Weise, gestorben. Der Tod hat ihn an der Vollendung
seines Werkes, das den peloponnesischen Krieg bis 411 erzählt,
gehindert. Seinen Vorgängern ist Thukydides durch seinen staats-
männisch geschulten Blick, sein kritisches Urteil, sein Ereisein
von religiöser oder parteipolitischer Befangenheit bei weitem über¬
legen, sodafs er mit Recht als der gröfste Historiker des Alter¬
tums gilt.
Xenophon, der Sohn des Gryllos, eines reichen attischen
Bürgers, wurde ca. 434 geboren. Als junger Mann schlofs er
sich Sokrates an, trat aber dann, seiner Neigung für praktische
Thätigkeit folgend, durch die Vermittelung des Proxenos in die
Dienste des jüngeren Kyros. Nach der Rückkehr aus Asien (vgl.
S. 41) schlofs er sich Agesilaos an und kämpfte bei Koronea (394)
gegen die Thebaner und seine Landsleute. Infolge seiner Verbin¬
dung mit den Feinden des Vaterlandes von den Athenern mit der
Verbannung bestraft, wurde er von den Lakedämoniern durch
Verleihung eines Landgutes bei Skillus in Elis entschädigt. Hier
lebte er mit litterarischen Arbeiten beschäftigt, bis er nach der
Niederlage seiner Gönner bei Leuktra fliehen mufste. Von Korinth