Zweiter Abschnitt. 1740 —1789. I. Erhebung Preufsens zur Grofsmacht.
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Zweiter Abschnitt. Yon 1740—1789.
Der aufgeklärte Absolutismus im Zeitalter Friedrichs d. Gr.
I. Erhebung Preufsens zur Grofsmaclit.
1. Friedrichs II. Lehrjahre. § 3
Friedrich II., geh. am 24. Januar 1712, erhielt in der Frau
v. Rocoulle, seinen Gouverneuren General Grafen Finckenstein
und Oberstleutnant v. Kalckstein und in Duhan de Jandun
vortreffliche Erzieher und Lehrer. Der Erziehung lag eine In¬
struktion des Königs zu gründe, die den Kronprinzen zu einem
guten Christen, tüchtigen Soldaten und sparsamen Hauswirt, zu
einem Abbilde seiner selbst machen wollte. Die phantasievolle,
genialische, sinnliche Natur des Kronprinzen, in dem Duhan den
Sinn für Kunst und Wissenschaft geweckt hatte, fühlte sich durch
dieses System äufserst beengt. Seit dem Besuche des Dresdener
Hofes (1728), wo Friedrich Glanz und Pracht, aber auch sitten¬
loses Leben kennen gelernt hatte und liederlich und heuchlerisch
geworden war, verschärfte sich der Konflikt mit dem Vater, der
den Sohn unmenschlich hart behandelte: ein Konflikt in dem der
Gegensatz zweier Kulturen zu Tage trat. Die Königin Sophie
Dorothea, Tochter Georgs I. von England-Hannover, und die
Prinzessin Wilhelmine thaten das Ihrige um den Zwist zu
steigern. Dem englischen Doppelheiratplan der Königin war
Friedrich Wilhelm mit Recht abgeneigt.
Endlich erfolgte nach dem mifsglückten Fluchtversuch des
Kronprinzen 1730 die Katastrophe; der Zorn des Königs war
mafslos. Das Kriegsgericht zu Köpenick lehnte das Urteil über
den Kronprinzen ab und verurteilte den Leutnant Katte (Keith
war entflohen) zu lebenslänglicher Festungshaft; der König ver¬
fügte eigenmächtig die Todesstrafe. Friedrich wurde nachKüstrin
gebracht und trat bei der dortigen Kriegs- und Domänenkammer
als Auskultator ein.
In der Lernzeit von 1730—40 wurde Friedrich eine Fürsten¬
natur, wie eine solche seit dem Staufer Friedrich II. aus deutschem
Stamme nicht hervorgegangen war. Er lernte gründlich die